1. Karibik (8)


    Datum: 26.12.2019, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym

    Karibik (8) In Not und Fesseln
    
    Wir waren gerade fast damit fertig, alles an Bord und unter Deck festzuzurren und festzuklemmen, als es auch schon losging. Ich war dabei, unser Schlauchboot, welches wir vorher mit dem Notfunkgerät, einigen Wasserkanistern und verschweißten Verpflegungssätzen bestückt hatten, am Mast festzubinden, da erfasste uns schon die erste heftige Bö und riss mir die Füße weg, als die Duschplane sich vom Deck abhob und vom Wind weggeblasen wurde. Ich konnte mich gerade noch an der Reling festhalten. Im Meer entwickelten sich lange, drei Meter hohe Wellen, auf denen die „Swallow“ in rasantem Tempo von Wellenberg zu Wellental getragen wurde, wie die Gondel einer Achterbahn. Mike versuchte, mit Hilfe des Motors, die „Swallow“ gegen den Wind zu drehen, um dem Wind möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Dadurch beschleunigten sich die Windgeschwindigkeit und auch die Achterbahnfahrt noch zusätzlich, aber es war die einzige Möglichkeit, ein Kentern zu verhindern. Ich hatte mir seit langer Zeit wieder einmal warme Unterwäsche, ein T-Shirt, Jeans und eine rosafarbene Öljacke angezogen, die zu meiner Notausrüstung gehörte. Auch alle anderen waren jetzt wetterfest bekleidet und hatten, wie ich auch, die Schwimmwesten angelegt. Allerdings wurde man davon sehr stark in allen Bewegungen behindert und hakte sich damit immer wieder an irgendwelchen Seilen und Ecken fest. Björn hatte den US-Küstenfunk abgehört und teilte uns dann mit, dass es sich bei dem Wetter ...
    ... um den Wirbelsturm „DANIELLE“ handelte, der von Südosten auf uns zukam und sich dann weiter nordwestlich von uns, in Richtung auf die amerikanische Ostküste zu bewegte. Uns trafen Gottseidank nur seine südwestlichen Ausläufer. „Das könnte gerade noch gut ausgehen“, sagte Mike hoffnungsvoll aber doch besorgt. Zum Glück hatten wir heute noch nichts zu Mittag gegessen, aber die Seekrankheit forderte trotzdem bald ihre Opfer. Fast alle, außer Mike hingen ständig über der Reling um die Fische zu füttern, obwohl sie kaum was zum füttern anzubieten hatten, ich natürlich auch. Es war einfach scheußlich. Der starke Sturm hielt über mehrere Stunden an und die „Swallow“ kämpfte tapfer gegen Wind und Wellen an. Doch sie war für das relativ friedliche Mittelmeer konstruiert und nicht für den stürmischen Atlantik. Kurz bevor es richtig dunkel wurde, begann der Motor zu stottern und blieb stehen. „Was ist, was hat der Motor?“ fragte Björn besorgt. Die „Swallow“ begann schon, sich quer zum Wind zu stellen und dabei stark hin und her zu schaukeln. Wenn wir jetzt kentern, dann ist alles aus!
    
    Mike schien das Problem zu kennen. „Der Motor zieht Luft, weil der Dieselkraftstoff durchgeschüttelt wird und sich dabei aufschäumt. Mein Tank hat keine Schotten und keine Dispersionsfüllung. Da geht zwar mehr hinein, aber bei Erschütterungen schäumt es eben. Shitt! Versuchen wir eben, ihn noch einmal anzuwerfen.“
    
    Sie starteten den Motor noch einmal mit Hilfe der Batterie und schafften es auch nach ...
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