1. Geschichten, die das Leben Schreibt 01


    Datum: 19.01.2020, Kategorien: Erstes Mal Autor: byNimmermehr

    ... eine oder andere fette Regentropfen auf die Windschutzscheibe. Am Horizont konnte man bereits das schnelle Aufleuchten sich entladender Blitze sehen. Toll -- Meine Stimmung hob sich nicht gerade bei dem Ausblick, mitten in ein schweres Gewitter hineinzufahren. Aber ich wollte schnell nach Hause.
    
    Ich fuhr gerade durch einen kleinen Ort, als ich mitten auf einer Kreuzung ein paar Unfallfahrzeugen ausweichen musste. Ein Lieferwagen hatte wohl die Vorfahrt missachtet und einen Linienbus gerammt, der wiederum einen roten Kleinwagen gegen eine Hauswand gedrückt hatte.
    
    Alle standen entspannt herum, es gab offensichtlich keine Verletzten und ich umkurvte die Unfallstelle.
    
    Die Tropfen wurden jetzt mehr und der erste richtige Wolkenbruch kündigte sich an. Es donnerte bedrohlich und das Radio gab die Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes für die Region durch.
    
    Am Ortsausgang war eine Bushaltestelle; offen und nicht überdacht. Dort stand eine alte Oma mit ihrem Rollator und wartete auf einen Bus, der nicht kommen würde.
    
    Auch ein Junge stand dort mit Rucksack; er trug wohl so ein „Schlabbershirt" hinten mit Kapuze, die er sich jetzt mit den ersten ankommenden Tropfen, tief in die Stirn zog.
    
    So ganz gegen meine Art, fuhr ich rechts an, stieg schnell aus, erzählte von dem liegen gebliebenen Linienbus und fragte die Beiden, ob ich sie mitnehmen solle.
    
    Die Großmutter wirkte erleichtert und stimmte sofort zu. Sie wohnte drei Orte weiter und das lag sowieso auf meinem ...
    ... Weg. Ich geleitete sie zu meinem Beifahrersitz, half ihr beim Einsteigen, beim Anschnallen; öffnete die Heckklappe klappte den Rollator zusammen und legte ihn auf meine Sachen drauf.
    
    Die ersten großen Hagelkörner tanzten springend über den Boden.
    
    „Autsch!"
    
    Eben traf mich auch einer -- die Dinger waren richtig groß und taten weh. Auch der Junge zuckte zusammen.
    
    „Willst Du auch mit", fragte ich hin im Vorbeigehen.
    
    „Klar, hier wird es gerade ungemütlich."
    
    Er sprach ungewöhnlich tief und rauh, fast schon melodisch. Ich öffnete die hintere Tür auf der Beifahrerseite; er nahm seinen Rucksack ab -- es donnerte bedrohlich nahe -- er warf ihn locker auf die Rückbank hinter dem Fahrersitz und stieg schnell ein.
    
    Glücklich setzte ich mich hinter das Steuer, schloss die Tür, startete den Wagen und fuhr los.
    
    Die Alte war ebenfalls glücklich und rief sogleich ihren Enkel zu Hause an, damit er ihr in wenigen Minuten bei unserem Eintreffen behilflich sein konnte.
    
    Wir fuhren vor dem Gewitter her und je schneller alles ging, desto weniger würde sie nass werden. Gutes Timing war alles.
    
    „Und wo musst Du hin, Junge?"
    
    „Eigentlich nach Mespelbrunn. Ist die letzte Haltestelle für den Bus. Aber wahrscheinlich wollten Sie nicht so weit fahren."
    
    Mespelbrunn -- das waren noch gut 20 Kilometer Landstraße. Ich betrachtete ihn kurz über den Rückspiegel.
    
    Der Junge zog seine Kapuze wieder über die Schultern. Ein fast weißblonder Pagenkopfschnitt. Ziemlich junger Typ. So ...
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