Geschichten, die das Leben Schreibt 01
Datum: 19.01.2020,
Kategorien:
Erstes Mal
Autor: byNimmermehr
... ungefähr 1,56 groß, die Statur schwer abzuschätzen, da er sich im weitem Schlabberlook gekleidet hat. Kleines rundes Gesicht, Pausbacken und Stupsnase. Irgendwie wirkte er sympathisch, wenn auch ein wenig feminin.
„Du hast Recht. Ich wollte schon ein gutes Stück vorher wieder auf die Autobahn auffahren. Ich umfahre gerade den Baustellenstau auf der A 3. Aber ich fahre Dich nach Mespelbrunn. Bei dem Wetter fahre ich Dich direkt nach Hause.
Einen Ort weiter in Heimbuchtental ist doch der Gasthof „Lamm". Ich glaube das passt jetzt sehr gut. Ich bekomme eh gerade einen richtig guten Hunger."
„Ja, das Lamm ist ziemlich bekannt und sehr gut. Ich danke Ihnen. Der nächste passende Bus ginge erst in 2 ½ Stunden und wo soll ich bei dem Wetter warten? Mein Betrieb hat jetzt zu."
„Oh, wo arbeitest Du denn?"
„Ich mache eine Ausbildung hier bei WERO. Wir stellen Fenster und Türen her. Wir fahren gerade vorbei."
Das Gespräch mit dem Jungen schlief etwas ein. Ich sprach etwas mit der dankbaren Alten, sie beschrieb mir den Weg und dann waren wir auch schon da, das aufziehende Unwetter in unserem Rücken lassend.
Der Enkel stand auch schon parat. Ich lud den Rollator wieder aus, klappte ihn auseinander und übergab ihn der Alten, die sich überschwänglich bedankte und mit ihrem Enkel langsam in Richtung ihrer Haustüre tippelte. Den kleinen angebotenen Obolus lehnte ich lachend ab, der Junge setzte sich jetzt auf die Beifahrerseite und wenige Momente später waren wir wieder on ...
... Tour.
„Du machst Deine Ausbildung bei WERO? Als Fensterbauer? Ich habe auch einen Handwerkbetrieb in Kahl am Main. Wir haben uns auf die Restaurierung historischer Gebäude und Kirchen spezialisiert. Da gehören dann und wann auch Fenster dazu, aber eher alte Bleiglas- und Motivfenster. Ist noch richtige traditionelle Handwerkskunst ..."
So ging das Gespräch ein wenig hin und her. Der Typ war jung, aber nicht unintelligent und recht humorvoll. Es war ein ganz nettes und kurzweiliges Gespräch.
Er hatte eine für seine Größe und sein Alter recht raue, dunkle und angenehme Stimme und von seiner Wortwahl, seinem Sprachduktus, seiner Kleidung und von seiner Körpersprache her, war ich schon früh der Meinung, dass er wahrscheinlich schwul sein müsse; wirkte ein wenig tuntig.
Wohlgemerkt, ich hatte, als Hetero, wirklich keinerlei Vorbehalte gegen Schwule. Überhaupt nicht. Ein Angestellter und einer meiner Meister sind (erkennbar) „stockschwul" und beide -- dem allgemeinen Klischee entsprechend -- ziemlich kreativ veranlagt, mit sehr ausgeprägter künstlerischer Ader und dem gewissen Gefühl für das Moment und den richtigen Effekt. Genau das, was ein gutes Team von Restauratoren gerne in seiner Mitte weiß. Und wir waren (und sind) eine richtig eingeschworene Gemeinde mit super Betriebsklima.
Schließlich waren wir irgendwann in Mespelbrunn angekommen, ich setzte den Jungen vor seiner Haustür ab; er verabschiedete sich mit Handschlag, nahm seinen Rucksack vom Rücksitz und ich ...