1. Wenn die Nachtigall erwacht 16


    Datum: 14.10.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: by_Faith_

    ... zu V'nyx dem IV.', vermittelte ihr die orangefarbene Blüte, als Miriam den Container betrat.
    
    Die Einzelteile des automatischen Fluggeräts, die eigentliche Fracht dieses Containers, waren ausgeräumt worden. M'ryn der I. und V'nyx der V. teilten sich den Container lediglich mit zwei weiblichen Drohnen, von denen sie gerade mit Nährstoffen versorgt wurden. Miriam stellte erfreut fest, dass die Blüten der beiden Cerebrate nochmals an Umfang zugelegt hatten, und streichelte mit den Fingern über die Blütenränder.
    
    »Geduldet euch noch diese Nacht. Morgen dürft ihr im Sonnenlicht baden«, versprach die Königin und verließ den Container wieder.
    
    ***
    
    Tanisha hatte am nächsten Morgen Dienst an der Essenausgabe und schaute ratlos in den großen Speisesaal. Es gab mehrere Kantinen auf dem Flugzeugträger, aber diese hier war die größte und für die große Masse der einfachen Matrosen und Soldaten vorgesehen. Abgesehen von dem ständigen Dröhnen des Antriebs war es gespenstig still und das, obwohl heute mehr Besucher da waren als sonst. Anstatt der üblichen 1.000 Portionen Rührei waren heute schon 1.500 Portionen weggegangen. Die Leute waren so scheiß freundlich, dass die junge Afroamerikanerin misstrauisch wurde.
    
    ‚Je freundlicher sie zu dir sind, desto härter trifft dich der Schlag', sinnierte Tanisha und darin lag die Weisheit ihrer vollen zwanzig Lebensjahre. Irgendwie schienen alle schweigend miteinander zu flirten, während sie Unmengen Rührei in sich hinein ...
    ... schaufelten.
    
    Ein Matrose stellte sich mit seinem Teller an die Essensausgabe und schaute sie an. Tanisha erwiderte den Blick fragend, bekam aber keine Antwort. Schließlich platzte ihr Temperament hervor.
    
    »Was darf es denn sein, der Herr! Rührei, mit oder ohne Speck - oder Bratkartoffeln? Soll ich raten oder Gedanken lesen?«, sagte sie patzig.
    
    »Entschuldigung, ich hätte gerne Rührei ohne Speck«, sagte der Matrose höflich. Die Tatsache, dass die gute Laune des Matrosen nicht einmal einen Kratzer abbekommen hatte, war für Tanisha schlimmer, als der Umstand, dass heute kaum einer in der Lage war, einfach zu sagen, was er wollte.
    
    »Scheiße Mann, habt ihr alle gekifft, oder was?«, fragte Tanisha etwas lauter als nötig.
    
    Eine Kollegin kam zu Tanisha und flüsterte dezent: »Fühlst du es noch nicht?«
    
    Tanisha steckte die Edelstahlkelle in den Berg aus Rührei und baute sich vor ihrer Kollegin auf, bevor sie gestenreich erklärte: »Bekomme ich jetzt wieder einen Vortrag über serviceorientiertes Verhalten oder was? Das ist ein scheiß Schiff! Die können hier nicht weg - die müssen zum Essen hier herkommen.«
    
    Tanisha schaute ihre Kollegin mit zornesfunkelnden Augen an. Aber der entwaffnende Blick ihrer Kollegin irritierte sie mehr als das merkwürdige Verhalten der restlichen Besatzung. Dann bekam Tanisha ein Kompliment, mit dem sie nicht gerechnet hatte.
    
    »Ich mag dein Temperament. Du bist ehrlich und geradeheraus«, sagte ihre Kollegin. Tanisha war sprachlos. Dann bekam Tanisha einen ...