1. Wenn die Nachtigall erwacht 09


    Datum: 11.11.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: by_Faith_

    ... Wald und suche V'nyx!«, sagte sie im Befehlston und rang mit dem Tentakel.
    
    »Nun lauf schon, ich weiß nicht, wie lange ich T'rion zurückhalten kann!«, rief Miriam und Sven eilte davon. Er wusste plötzlich, in welcher Richtung der Waldrand lag und eilte in diese Richtung, ohne noch einmal hinter sich zu blicken -- er war in diesem Wald eher eine Belastung, als eine Hilfe.
    
    *
    
    »Rührend, wie du dich um die Menschen sorgst«, sagte T'rion der II. und führte weitere Tentakel ins Feld. Miriam wirbelte mit ausgestreckten Armen um ihre Längsachse und hielt die Angreifer auf Distanz. Ihre Bewegungen glichen einer Tänzerin oder einer Eiskunstläuferin. Sie führte die Klingen mit einer Anmut und einer Präzision, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Dabei stecke Miriam nur wenige Treffer ein, die von ihrer anatomisch perfekten Rüstung mühelos abgefangen wurden.
    
    »Du kümmerst dich ebenfalls sehr intensiv um diese armen Kreaturen, die diesen Wald bewohnen, das hätte ich einem ehemaligen Diener der Roten Königin nicht zugetraut.«
    
    »Ich kenne die Rote Königin nur aus der blassen Erinnerung, die T'rion der I. mir hinterlassen hat«, sagte T'rion der II. und ließ die weit geöffnete Angriffsblüte lautlos über die Kampfszene schweben, um im rechten Moment zuschlagen zu können.
    
    »Du bist also erst nach dem Tod der Roten Königin erwacht?«, schlussfolgerte Miriam.
    
    »Ja«, antwortete T'rion der II., während er mit seinen Tentakeln Scheinangriffe ausführte, »in der Nacht, als ...
    ... du meinen Vorgänger ermordet hast, hat er eine Datenkapsel erschaffen, aus der ich hervorgegangen bin.«
    
    »Wo steht dein Wurzelstock? Wo auf dieser Welt ist Platz für dich?«, fragte Miriam.
    
    »Ich würde es dir ja zeigen, wenn du nicht so rumzappeln würdest.«
    
    »Wie soll ich dir vertrauen, solange du die Insignien der Roten Königin trägst?«, fragte Miriam und duckte sich sprungbereit auf den Boden.
    
    »Ist dir aufgefallen, dass du mir noch keinen einzigen Strang abgeschlagen hast, obwohl du deine Klingen vortrefflich zu führen weißt?«, fragte T'rion der II.
    
    »Ja, das ist mir aufgefallen«, sagte Miriam, »aber du hast mir auch noch nicht richtig wehgetan.«
    
    »Wir können uns in der Anderswelt nicht ernsthaft verletzen oder töten, dies ist ein Ort der Zusammenkunft und der Beratung, du benimmst dich wie die Axt im Walde -- dumme, kleine Königin!«
    
    Miriam war es gewohnt, beleidigt zu werden und konnte das gut ignorieren, aber die Erkenntnis, dass ein Kampf in dieser visionären Welt sinnlos war, ließ sie kurz stutzen. T'rion der II. stieß mit seiner geöffneten Blüte zu, umhüllte Miriam und schloss die Blätter zu einer bauchigen Knospe.
    
    »Ich wusste, dass man dir nicht trauen kann«, rief Miriam und wand sich in der engen Umschließung.
    
    »Hör auf zu zappeln!«, befahl T'rion der II., »wirf einen kurzen Blick nach draußen, aber verhalte dich unauffällig.«
    
    Miriam drückte den Kopf an den Spalt zwischen zwei Blättern und blickte in einen sterilen, laborartigen Raum, der von ...
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