1. Das Kartenhaus 02


    Datum: 30.04.2021, Kategorien: Hausfrauen Autor: byCarmen44

    ... mit nur 4 Gästen feierte, gab mir dann doch zu denken.
    
    Mit wurde schmerzlich bewusst, dass ich zwar einige Männerbekanntschaften, aber keine wirklichen Freunde hatte. Von einer sogenannten „besten" Freundin ganz zu schweigen. Noch schmerzlicher wurde mir bewusst, dass ich in meinen Ehejahren auf jedes gesellschaftliche Leben verzichtet hatte.
    
    Ich war noch nie in einem Theater. Habe bisher weder eine Oper noch ein Musical besucht. Wenn ich nicht ab und zu mit meiner Tochter ins Kino gegangen wäre, wüsste ich nicht einmal, dass es schon Filme mit Ton und in Farbe gibt.
    
    Das Interesse meiner bisherigen Männerbekanntschaften galt offensichtlich nur meinem willigen Körper. Nicht einer kam jemals auf die Idee, mich wenigstens einmal elegant auszuführen. Weder in ein Restaurant und erst recht nicht in eine gesellschaftliche Großveranstaltung. Ich hätte es vor meinem Mann einrichten können. Im Erfinden von Ausreden hatte ich mich zu einer Meisterin entwickelt.
    
    Der Einzige, der wirklich daran interessiert war, möglichst viel Normalität in unser ehebrecherisches Verhältnis zu integrieren, war Michael.
    
    Mit ihm war ich, trotz meines vergleichsweise „hohen" Alters in Discotheken und bei Konzerten mir völlig unbekannter Rockbands. Ich hatte trotz der wahnsinnigen Lautstärke und der drangvollen Enge meinen Spaß. Wir haben Galerien und Museen besucht. Er lud mich auch gelegentlich zum Essen ein. Soweit es sein Gehalt zuließ. Getrennte Kasse lehnte er rigoros ab. Einmal waren ...
    ... wir sogar bei einer Modenschau. Für Michael war das eine Zumutung. Mein Liebling hielt mir zuliebe tapfer durch.
    
    Am folgenden Wochenende, als mein Mann mal wieder irgendwo den Schiedsrichter spielte und ich mir den ganzen Nachmittag für Michael freimachen konnte, entschädigte ich ihn mit einer sehr privaten Modenschau. Mit Dessous und High Heels, von denen ich mir sicher sein konnte, dass ich sie nicht ausziehen durfte, wenn wir in sein Bett gingen.
    
    Wie ein Hund das Wasser aus seinem Fell schüttelt, schüttelte ich den Gedanken an Michael sofort ab. Ich wollte nicht an ihn denken.
    
    Ich ging mit dem Vorsatz ins Bett, meinem gesellschaftlichen Leben ganz neue Impulse zu verleihen.
    
    Vielleicht würde sich dabei auch die eine oder andere Bekanntschaft ergeben. An eine Freundschaft verschwendete ich keinen Gedanken. Freundschaften entwickeln sich erst in Jahren.
    
    Gleich am nächsten Tag stand ich in der langen Schlange vor der Konzertkasse. Die besten Plätze waren schon vergeben, als ich endlich am Schalter stand. Ich wählte einen der letzten Plätze im Parkett.
    
    Nicht das, was ich mir für meinen ersten Opernbesuch gewünscht hätte. Einen besseren Platz hätte ich mir durchaus leisten können. Aber egal. Ich war dabei. Das zählte.
    
    Ich war aufgeregt wie ein Kind vor seinem ersten Schultag.
    
    Schon am frühen Vormittag begann ich die Vorbereitungen für meine Premiere in der Welt der kulturell gehobenen Gesellschaft.
    
    Mein einziges langes Kleid war jenes, das ich seinerzeit ...
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