Wenn die Nachtigall erwacht 03
Datum: 29.05.2021,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie
Autor: by_Faith_
... einige Gebrauchtwagen standen, mit großen Preisschildern in den Windschutzscheiben. Hinter dem Verkaufsraum der Tankstelle schob er ein rostiges Eisentor auf.
»Gehört alles meinem Onkel. Du musst keine Angst haben, ich bin hier quasi aufgewachsen.«
»Ich habe keine Angst«, sagte Miriam und huschte durch das offene Tor, darauf bedacht, ihr Kleid nicht an einem abstehenden Draht des Zauns aufzureißen. In dem schummrigen Licht der Straßenlaternen sah sie einen Schrottplatz, trostlos und verkommen, aber zugleich eine Spielwiese für Bastler und Kreative. Sven führte sie in eine Werkstatt, die vor vierzig Jahren topmodern gewesen war, und schaltete das Neonlicht an.
»Cool!«, sagte Miriam und ließ den Mund erstaunt offen. Sie stand vis-à-vis zu einem großen Käfer aus Stahl. Die bedrohlich aufragenden Flügel bestanden aus der gespaltenen Motorhaube des gleichnamigen Autos. Die sechs Beine aus gebogenen Auspuffrohren kamen der Anatomie dieser Insekten erstaunlich nahe und der detailverliebte Kopf bestand aus unzähligen zusammengeschweißten Sechstkantmuttern. Andächtig lief sie an dem Käfer vorbei und entdeckte eine Biene mit einem Hinterleib aus überlappenden Motorradschutzblechen. Daneben erhob sich eine übermenschengroße Gottesanbeterin, deren Bestandteile sie nicht mehr ihrem Ursprung zuordnen konnte.
»Die ist supercool«, sage Miriam, nachdem sie die Exponate mehrmals umrundet hatte, und zeige auf die Gottesanbeterin.
»Mein jüngstes Werk. Ich habe versucht, nicht nur ...
... Schrott zusammenzuschweißen, sondern etwas wirklich Neues zu schaffen.«
»Das ist Dir gelungen«, sagte Miriam bewundernd, sah den Stolz in Svens Augen und freute sich für ihn.
Ihre strahlenden Augen senkten sich, als Sven eine Flasche Sekt hinter seinem Rücken hervorzauberte.
»Oh, für mich bitte nicht.«
»Du stehst zu deinem Null-Promille-Grundsatz«, sagte Sven und stellte die Flasche zur Seite.
»Es ist nicht böse gemeint, ich möchte nur kein Risiko eingehen«, versuchte Miriam zu erklären und glaubte, alles noch schlimmer zu machen, weil Sven nichts von dem Risiko wusste.
»Hat es etwas damit zu tun, dass du anstatt Telefonnummern gleich komplette Mobilfunkverträge verschenkst?«, fragte Sven verschwörerisch. Er legte seine Arme auf ihre Schultern, zog sie zu sich heran und gab ihr einen zärtlichen Kuss.
Miriam blickte verlegen zu Seite, brachte den Mut auf, ihm in die Augen zu sehen und flüsterte: »Kann ich das alles später erklären, wenn... «
Er verschloss ihre Lippen mit einem weiteren Kuss und flüsterte ebenfalls, um die geheimnisvolle Stimmung aufrechtzuerhalten: »Ich will es noch nicht wissen. Vielleicht ist mir die Erklärung zu banal und im Moment machen mich diese ganzen Details total an.«
Sie legte ihren Kopf an seine Brust und lächelte erleichtert. Umringt von bizarren Wesen aus Stahl im Schein des kalten Neonlichtes fühlte sie seine Körperwärme und empfand wohliges Glück.
»Können wir irgendwohin gehen, wo es etwas gemütlicher ist?«, fragte ...