1. Die Richterin Teil 3


    Datum: 15.03.2018, Kategorien: CMNF Autor: derErzaehler

    ... Martin glänzenden Schwanz genüsslich in den Mund schob. Sie schloss die Datei und griff noch einmal zu dem Brief, in der verzweifelten Hoffnung, irgendwo einen versteckten Hinweis zu entdecken, dass sich irgendjemand einen üblen Scherz mit ihr erlaubt hatte.
    
    Unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, saß Maria da und starrte ins Leere. Was sollte sie jetzt tun? Hoch zu Windsberger gehen und ihm kurzerhand mitteilen, sie habe letzte Woche in ihrem Büro mit ihrem Referendar gevögelt, dass davon Filmaufnahmen existieren, mit denen man sie jetzt erpressen wolle. Im besten Falle würde sie auf einen unbedeutenden Aktenschieberposten in der Verwaltung landen, denn Windsberger würde sie unweigerlich von ihrem Posten entfernen. Ihm blieb ja auch keine andere Wahl, denn laut Erlass des Justizprüfungsamtes, dessen Kenntnis Maria erst vor ein paar Tagen wieder mit ihrer Unterschrift bestätigt hatte, war jeglicher privater Kontakt zwischen dem Leiter der Ausbildungsstation und dem ihr zugeordneten Referendar strikt untersagt. Und sich von seinem Referendar in den Amtsräumen durchficken zu lassen, zählte ohne Zweifel zu den privaten Kontakten. Also Rücktritt, die Karriere beim Justizministerium beerdigen und sich auf dem freien Markt als Juristin etablieren. Klar, wenn es hart auf hart käme, würde er ihren Rücktritt akzeptieren, aber ihre berufliche Karriere wäre damit beendet. Denn natürlich würde es Gerüchte geben und ob Windsberger den Film, den sie ihm zweifelsohne aushändigen ...
    ... müsste, unter Verschluss halten würde? Sie hatte da so ein paar Sachen über sein Privatleben gehört, die sie zweifelnd machten. Maria stand auf und ging zum Fenster und blickte hinaus auf den Sonnen beschienenen Innenhof. Die Alternative wäre also mitmachen, dem Erpresser nachgeben, um möglichst viele Fakten zu sammeln. Ein riskantes Spiel, aber im Gegensatz zur ersten Möglichkeit, bei der sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf der Strecke bleiben würde, hätte sie hier zumindest eine minimale Chance mit heiler Haut davon zu kommen. Sie schaute auf ihre Armbanduhr. Halb zwölf war es. Eine gute Stunde hatte sie noch Zeit, um zu entscheiden, was sie machen sollte.
    
    Kurz vor halb eins räumte sie die Unterlagen auf ihrem Schreibtisch zusammen, auf die sie in der letzten Stunde, unfähig, sich auf irgendein Detail in den Akten zu konzentrieren, gestarrt hatte. Sie erinnerte sich auf einmal des Gefühls, das sie als damals gehabt hatte, als sie mit ihrem Vater auf der Spitze eines Berggipfels gestanden hatte. Vor ihnen fiel die Felswand mehrere hundert Meter in die Tiefe. Ein Schritt, hatte sie damals gedacht, nur einen Schritt und es ist um mich geschehen und nichts und niemand würde sie retten können. Und jetzt stand sie im Begriff genau diesen Schritt zu tun.
    
    Auf dem Weg zur Kantine musste sie sich zwingen, sich nicht ständig umzuschauen. Was würde man von ihr verlangen? Sie war alle Fälle durchgegangen, die sie momentan bearbeitete, aber keiner war in ihren Augen ...
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