1. Unter anderen Vorzeichen


    Datum: 04.05.2022, Kategorien: Romantisch Autor: lost_of_mind

    ... ist so ganz grob etwa mein Alter. Sie kommt auch aus einem schwierigen Umfeld, hatte deshalb mehrere Ausbildungen abgebrochen. Dann rutschte sie in eine noch problematischere Beziehung, von der ich nur aus dem Memorandum des Frauenhauses erfuhr. Sie selber erzählte nie etwas davon. Die Tochter ist noch zu klein um sich so wirklich an ihren Vater erinnern zu können. Bezeichnend jedoch war dass das Kind nie nach dem fragte.
    
    Ich weiss nicht wie es kam. Es ging auch eindeutig von Daniela aus. Nur unendlich langsam näherten wir uns an. So eigentlich verband uns vor allem ihre kleine Tochter, die sehr offen auf mich zu ging. Sie wurde von Beginn an zum Sonnenschein in unserem Haus, sogar die sonst immer so auf Coolness bedachten Jungs alberten ständig mit dem Mädchen umher oder passten freiwillig auf wenn Daniela mal unterwegs war. Die Kleine könnte wohl demnächst in den Kindergarten kommen. Hier im Ort? Offiziell hat Daniela keinen festen Wohnsitz, um in keinem Melderegister aufzutauchen. Da schlummert wohl noch so einiges in ihrem Hintergrund, was ein Normalbürger nichtmal erahnen kann?
    
    Der kleinere der Jungs bekam beim letzten Besuch der Sozialarbeiterin eine sehr gute Sozialprognose ausgestellt. Er hatte inzwischen seine Aggressionen gut unter Kontrolle, brauchbare schulische Leistungen und hielt sich weitestgehend von allen Schwierigkeiten fern. Wie er sich das letzte mal prügelte ist er für jemanden schwächeren in der Schule eingetreten. Sowas kann man notfalls ...
    ... nachsehen. Zu unserer Überraschung fügte die Sozialarbeiterin am Schluss an: Es meldete sich dessen Grossmutter beim Jugendamt. Wenn der Junge zu zähmen wäre dann könnte er wieder bei ihr leben. Wir teilten nach Beratung dem Jungen diese Möglichkeit mit, überliessen ihm jedoch die Entscheidung. Er bliebe willkommen bei uns. Dennoch hatte er schwer daran zu knabbern.
    
    Der Grosse bekam tatsächlich eine Lehrstelle in Augsburg. Als Industriemechaniker. Ich wollte ihn nicht mit dem Bus und der Bahn weg schicken. Nahm mir extra einen Tag Urlaub, fuhr ihn am 31. August selber nach Augsburg mit dem Wagen, wollte zugleich sehen ob ich meine alten Kumpels nochmal treffen könnte. Die waren inzwischen leider alle irgendwohin weg gezogen. Klar, sind ja auch schon etliche Jahre dazwischen.
    
    Ich zeigte dem Grossen das Strassenbahn- und Busnetz, den Weg zu seinem Arbeitsplatz, kaufte eine Monatskarte für ihn, zeigte wo die Behörden sind die für ihn massgeblich wären, erklärte ihm wie man in einem Arbeiterwohnheim die erste Zeit bestehen kann ohne seelische Schäden davon zu tragen. Drückte ihm 200 inzwischen Euro als Taschengeld in die Hand bis sein erstes Gehalt als Azubi käme. Mahnte ihn nochmal eindringlich seine Chance nicht zu verkacken. Der Abschied fiel uns beiden schwer. Ich wusste nur zu genau was jetzt auf ihn zukommen würde, für mich fühlte es sich in diesem Moment tatsächlich an als wäre es gestern gewesen.
    
    Zwei Wochen später verliess uns der Kleinere ebenfalls. Er vermisste seinen ...
«12...434445...»