1. Unter anderen Vorzeichen


    Datum: 04.05.2022, Kategorien: Romantisch Autor: lost_of_mind

    ... jetzt machen?"
    
    Ich stand einfach nur da und starrte auf das Foto. Das war noch aus früheren Jahren, bestimmt sogar noch vor meiner Zeit. Aber man erkannte sie eindeutig darauf. Mich fröstelte. Ich hätte eine Jacke überwerfen sollen. Erinnerungen aus meiner Jugend waberten durch meinen Kopf. Das Angeln mit Otto. Mein selbstgebautes Fahhrad. Die neue Schule wo ich anfangs wegen dem bellenden Dialekt kein Wort verstand und alle glaubten ich sei Doof. Keine Ahnung wie lange ich so stand.
    
    Langsam verschoben sich die Wolken etwas gegeneinander und ein letzter Sonnenstrahl quetschte sich vorbei. Der Sonnenstrahl traf genau auf das Foto und für einen Moment schien es tatsächlich als würden sie mich beide gütig anlächeln. Bilde ich mir das schon ein? Aber in diesem Moment kochte auch eine seltsame Gewissheit in mir hoch. Ein Entschluss festigte sich. Ich begann ein Ziel für mich zu erkennen. Eine undefinierbare Wärme breitete sich in meinem Körper vom Herzen kommend aus. Und genau in dem Moment wo ich diese bestimmende Gewissheit fühlte schoben sich die Wolken auch schon wieder übereinander und das trübe Grau bekam endgültig Oberhand.
    
    Ich war Sprachlos. Verdutzt. Hatte ich das jetzt wirklich gesehen? Oder spinne ich? Aber das Gefühl in mir war nicht zu Leugnen. Nicht nur ein Gefühl, es war eine tiefe Überzeugung. Dazu ein schwerer Anfall von Demut. Ich bin kein gläubiger Mensch, aber das sind so Momente wo selbst ich zu zweifeln begann.
    
    Ich verabschiedete mich innerlich ...
    ... von Otto und vor allem von Linda. Endgültig. In Gedanken beichtete ich dass ich nicht mehr kommen wollte. Ich werde ihr Andenken für immer im Herzen behalten, mich gerne dankbar zurück erinnern und nach ihren Prinzipien leben, aber fortan muss ich nach Möglichkeit nach Vorne sehen. Das Leben geht weiter und muss gemeistert werden. Leben!
    
    Mit beschleunigtem Schritt ging ich zurück. Betrat die Nebenwohnung von der Garagenseite her. Ging die breite Treppe nach oben, das Laminat der Stufen hatte unter unzähligen Füssen schon sichtbar gelitten. Hörte Daniela in der Küche rumoren. "Ach, Marvin! Hast du auch Hunger? Setz dich doch noch etwas zu uns!"
    
    Ich blieb jedoch stehen. Sah Daniela sehr ernst an. Suchte im Kopf passende Worte zusammen. Es sollte keinesfalls so aufgefasst werden können als wolle ich jemanden unter Druck setzen.
    
    Daniela stellte sich vor mich, sah mich fragend an. Sie spürte wohl dass mich etwas belastete. Wie immer in letzter Zeit. Wieder zeigte sich ihre sensible Ader. Stockend fing ich an: "Daniela, würdest du mit deiner Tochter für immer hier bleiben wollen? Du könntest meinen Namen annehmen, dann kannst du dich auch gefahrlos offiziell anmelden und die kleine in den Kindergarten und später zur Schule schicken. Wir bauen das hier für eine Familie um, hier ist genügend Platz um sich aus dem Weg zu gehen, egal wie wir künftig zueinander stehen werden. Und ich vermiete die kleinere Wohnung drüben, das erinnert mich ständig einfach zu sehr an Linda. Ich ...