-
Unter anderen Vorzeichen
Datum: 04.05.2022, Kategorien: Romantisch Autor: lost_of_mind
... lecker, wie früher. Nur dass das Moos durch die Plattenstösse wucherte und die Beete verkrautet waren. Wir plauderten lange, tranken noch Kaffee und assen leckeren Kuchen. Irgendwann zum Abend hin hatte ich genug von dem scheinbar optimistischen Geschwätz und fragte doch nochmal genau nach. "Wie geht es jetzt künftig mit dir weiter?" Sie druckste ein wenig umher. "Na ja, ist etwas schwierig jetzt. Weil ich all die Jahre nach meiner Ausbildung als Hausfrau zuhause war bin ich jetzt nicht mehr die erste Wahl auf dem Arbeitsmarkt. Gibt eh kaum was bei uns. Ich bekomme ja etwas Witwenrente und habe einen kleinen Nebenjob in der Bücherei, es reicht schon, ich will mich nicht beklagen. Man muss es auch mal anders sehen: Ich habe sehr viel Freizeit um mich um Freunde und Hobbys zu kümmern. Ich kann meine Klamotten wieder selber nähen, das passt dann besser, hält länger wie das Zeugs aus China und kostet nur einen Bruchteil." "Nur das Haus wirst du auf Dauer so nicht halten können?" Meine Gedanken überschlugen sich. Für vier Jahre war das auch meine Heimat. Drei Jahre davon waren die glücklichste Zeit in meinem Leben. Linda lebte seit ihrer Hochzeit mit Otto hier. Das kann man doch nicht den Bach runter gehen lassen? Sie senkte den Kopf und schüttelte den traurig. "Das Haus habe ich noch, das hatte Otto ja von seiner Oma geerbt und die Renovierung mit dem neuen Dach war inzwischen auch abbezahlt. Aber der Unterhalt frisst mich auf. Nur alleine um das im Winter frostfrei zu ...
... halten. Gerade wo jetzt die Reparaturen losgehen und Otto nicht mehr da ist. Die Handwerker sind bei uns nicht so teuer, aber für eine Rentnerin?" "Du müsstest einen grossen Teil abtrennen und vermieten. Dann teilt sich zumindest schonmal die Heizung. Und die Bank sieht dass Geld rein kommt." "Das sagst du so einfach. Auch das kostet schon Geld, welches ich nicht habe. Und bei der Bank betteln?" Das stimmte schon. Eine Bank ist etwas die dir bei Sonnenschein einen Regenschirm leihen und wenn es dann tatsächlich zu regnen beginnt... Wir sassen lange schweigend da, jeder hing seinen Gedanken nach. Für Linda waren es vermutlich existenzielle Sorgen. Für mich ein schlechtes Gewissen. Ich hatte den Beiden so unendlich viel zu Verdanken. Sie hatten es mir nicht einmal vorgehalten. War das der Moment meine Schuld zu begleichen? Ein Hinweis des Schöpfers? Auch wenn ich nie in die Kirche ging. "Ich mache es!" Sagte ich, zutiefst entschlossen. "Was?" Linda blickte mich fragend an. "Ich habe noch Überstunden und Resturlaub. Werkzeug und Maschinen sollten von Otto massig im Keller sein. Ich repariere das nötigste durch und wir stellen mit Trockenbau paar Wände. Separate Zähler zur Abrechnung sind nicht so teuer. Wenn wir uns etwas ranhalten ist das Nötigste in zwei oder drei Wochen erledigt. Du musst halt mithelfen. Alles andere kann man dann so mal am Wochenende nachschieben. Es wäre Unrecht das hier aufgeben zu müssen. Das Haus hat so ein gutes Charma." Linda sah mich ...