1. London Calling 03


    Datum: 12.08.2018, Kategorien: Erotische Verbindungen, Autor: byplusquamperfekt

    ... kochte sie richtig gut.
    
    Es war Anfang März geworden. Die Temperaturen stiegen schon wieder weit über zehn Grad, aber es regnete viel. Wir mussten uns langsam um ein neues Zuhause bemühen. Zu uns vieren und Gianna stieß auch noch eine Bekannte von ihr, eine Portugiesin namens Dores, die auch in ihrem Squat lebte, hinzu. Die ersten Häuser, die wir uns ansahen, waren deutlich zu klein und zu überteuert. Dann fanden wir aber doch ein riesiges Haus, mit einigen richtig massigen Zimmern teilmöbliert in Brecknock Road in Tufnell Park.
    
    Dort verlief die Grenze von Camden zu Islington, die Straßenseite, auf der das Haus war, gehörte noch zu Camden, die gegenüberliegende zu Islington. Das Haus war fantastisch, die Miete durch sechs geteilt bezahlbar, also schlugen wir zu. Ich erzählte Shirley die guten Neuigkeiten, als ich sie kurz darauf von der Arbeit abholte, weil sie bis sieben Uhr zu tun hatte.
    
    „Oh schade, ich wäre gern dabei gewesen. Und du hast dich auch gleich für ein Zimmer entschieden?"
    
    „Ja, entgegen meinen sonstigen Gepflogenheiten war ich mal größenwahnsinnig und hab mir das größte rausgesucht. Immerhin wirst du ja wohl oft zu Gast sein, da können wir den Platz gut gebrauchen."
    
    „Was meinst du, zu Gast sein? Ich dachte ich ziehe mit ein?"
    
    Huch. Davon hatte sie bislang noch keinen Ton gesagt. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass sie auch nur einmal ein Bedürfnis bekundet hatte, von zu Hause auszuziehen.
    
    „Ehm ... haben wir das explizit besprochen? Ich ...
    ... kann mich gar nicht dran erinnern ..."
    
    Sie sah enttäuscht aus, irgendwie fast wütend.
    
    „Ich dachte, das wäre selbstverständlich."
    
    Ich schwieg betroffen. Die letzten Wochen und Monate waren sehr schön gewesen, zugegeben. Aber zusammenziehen? Am Anfang war ich verliebt gewesen. Jetzt hatte ich sie zwischen gern und lieb. Aber richtig lieben tat ich sie nicht. Ich schwieg viel zu lange, konnte dann nicht mehr verhindern, dass sie sich zurückgewiesen fühlte.
    
    „Du willst nicht mit mir leben? Ist es das? Warum tust du mir so weh?"
    
    Ich stand völlig neben mir. Das Drama entfaltete sich vor meinen Augen, aber ich war unfähig einzugreifen. Der Moment, den ich für unausweichlich gehalten hatte, der nichtsdestotrotz irgendwo in ungreifbar weiter Ferne gewesen zu sein schien, war plötzlich da. Die Stunde der Wahrheit. Das Ende einer Illusion. Es war ein Traum gewesen, ein schöner Traum, zugegeben. Jetzt zerschellte er an der Realität.
    
    Mein Schweigen brachte sie zum Weinen.
    
    „Du liebst mich nicht ... ich fass es nicht ... all die Zeit ... du liebst mich nicht."
    
    Hätte ich sie in diesem Augenblick in den Arm genommen und getröstet, ihr das Gegenteil versichert, wäre sicher eine Möglichkeit da gewesen, die Situation noch zu retten, vielleicht sogar ohne zusammenziehen zu müssen. Aber ich war wie gelähmt. Ich konnte sie nicht einmal mehr ansehen.
    
    „Es tut mir leid."
    
    Sie schluchzte und riss meine Hand von ihrer Schulter. Dann rannte sie blind über die Straße und hatte ...