Mit dem Rolli ins Glück
Datum: 08.09.2022,
Kategorien:
Romantisch
Autor: Plautzi
... wäre die Sitzfläche plötzlich heiß geworden. Immer wieder höre ich sowas wie: Sie mal hier... guck mal da... lauter Oooh's und Aaah's.
"Hier hat sich nicht viel verändert. Alles kommt mir so bekannt vor." Hier also kennt sie sich aus, hier ist ihr Zuhause.
"Biegen Sie in 100m rechts ab ... biegen sie rechts ab." befiehlt mir das Navi, und führt mich auf einen befestigten Waldweg, an dessen Ende ich ein Holzhaus erkenne. Idyllisch in den Wald gebaut. Im klassisch schwedischen Stil gebaut, in typischem Weinrot angestrichen. Keine 15m dahinter erstreckt sich die dunkle Fläche eines großen Sees. An einem Steg liegt angebunden ein kleines Ruderboot, das sich leicht schaukelnd auf der Wasseroberfläche wiegt. So oder ähnlich muss das Paradies ausgesehen haben, in dem Adam und Eva die verbotene Frucht vernascht haben. Mein Unterkiefer ist längst nach unten gefallen und lässt den Mund offenstehen. Ich komme aus dem Staunen nicht hinaus und kann ein "Traumhaftschön" nicht unterdrücken.
Die Räder meines Audi hinterlassen knirschend flache Spuren im Kies der Hofeinfahrt. Ihre Eltern müssen mit ihren Nasen an der Fensterscheibe auf unsere Ankunft gewartet haben. Denn schon kommen sie uns aus dem Haus winkend entgegengelaufen. Ihre Mutter hat ihr Gesicht in ihren flachen Händen verborgen.
Svea hat das Panoramadach geöffnet und sich barfuß auf den Sitz gestellt. Ab der Brust aufwärts sieht aus dem Dach und winkt freudig wild mit beiden Armen hin und her. "hej... hej ... hej..." ...
... höre ich sie mit tränenerstickter Stimme rufen. Das heißt "Hallo" wie ich später erfahre.
Die Räder stehen noch nicht ganz still, als sie mit einer fließenden Bewegung wieder im Inneren des Audi auftaucht, die Tür aufreißt, und weinend ihren Eltern entgegenläuft. Minutenlangen liegen sie sich die drei in den Armen. Sturzbäche von Tränen fließen aus acht Augen, denn auch mich lässt dieser Anblick nicht kalt. Ich kann nicht verstehen, wie ein Mensch einen anderen geliebten Menschen, dauerhaft von seiner Familie trennen kann. Der grauenhafte Gedanke verpasst mir eine kräftige Gänsehaut.
Regungslos bleibe ich hinter meinem Lenkrad sitzen und beobachte diesen schönen Anblick. Es erfüllt mich mit tief empfundener Freude, den Dreien zuzusehen. Beinahe Endlos scheint ihre Umarmung zu dauern, doch dann kommt Bewegung in die kleine Gruppe. Mit ihrer Mutter an der Hand kommt Svea auf mich zu.
"Das ist meine Mutter Lia, und das ist mein Vater Lars." stellt sie mir ihre Eltern vor.
"Mama, Papa, das ist Finn. Er hatte einen Motorradunfall und sitzt deshalb im Rollstuhl. Ihm verdanke ich, dass ich hier bei euch sein kann." erklärt sie ihren Eltern auf Schwedisch.
"Herzlich willkommen Finn." begrüßt mich Lia in gebrochenem, aber verständlichem Deutsch.
"Vielen Dank, dass du uns unsere Tochter zurückgebracht hast." sagt ihr Vater und bietet mir einen Handschlag zur Begrüßung an, den ich gern annehme.
"Au weh Finn, es tut mir leid. Ich bin so ein Schussel. Warte, ich hole ...