Auf zu neuen Ufern
Datum: 21.01.2023,
Kategorien:
Schwule
Autor: byDer_MainHesse
... Rest meiner Großfamilie und manche Bekannte stehen mir noch bevor. Es war vor allem mit meinem Vater und meinem älteren Bruder leider ziemlich schwer und ich weiß, was mich bei manchen meiner Leute erwartet..."
- „Oh je, das hört sich ziemlich beschissen an."
- „Das war es auch. Wie war's bei dir?"
- „Nicht so heftig wie bei dir, aber auch nicht ganz einfach. Inzwischen wissen es alle Freunde und Bekannte, die mir wichtig sind, und nach längerer Zeit habe ich es auch meinen Eltern und meiner Schwester erzählt. Bei meiner Schwester war's irgendwie am Schwersten, aber die allermeisten haben sehr gut reagiert; bei manchen hat es mich sogar überrascht, dass sie es so gut aufgenommen haben. Aber ich hatte davor jedes Mal immer ziemliche Bauchschmerzen. Jedenfalls wohne ich zum Glück relativ weit weg von der Familie."
- „Das ist einer der Gründe, warum ich mich freue bald hier zu wohnen. Einen Schwulen in der Familie zu haben ist auch heute noch für viele eine Horrorvorstellung. Bei dir war es ja dann auch nicht so viel besser wie bei mir."
- „Kommt deine Familie aus Hamburg?"
- „Ja, und sie wohnen auch fast alle da. Klar, es ist eine große Stadt, aber ich fühle mich dort nicht frei. Ich schaffe es nicht wirklich ich selbst zu sein, ohne ständig daran zu denken, was passieren würde, wenn mich irgendwelche Verwandten mit einem anderen Typen sehen würden."
- „Ah ja, ok, verstehe. Sowas ist echt blöd. "
- „Und lebst du hier dein Schwulsein ganz offen ...
... aus?"
- „So ziemlich, würd' ich sagen. Ich verstecke mich nicht, aber ich bin auch nicht der Typ, der in der Öffentlichkeit demonstrativ mit einem Kerl rummacht."
- „Ja, man muss vielleicht nicht unnötig provozieren..."
- „Nicht mal vor allem deshalb. Ich hätt's früher auch mit 'ner Frau nicht gemacht. Aber es gibt Tage, an denen ich Bock hab' mich so zu zeigen wie ich bin. Dann zieh' ich zum Beispiel meinen Regenbogen-Armband an. Sowas passt mehr zu mir."
- „Das find' ich cool!"
- „Aber ich hab' richtig lange gebraucht, um mich in der Öffentlichkeit einfach so als Gay zu zeigen." - „Es ist ja auch nicht einfach. Mit meinem Ex war es immer so ein Versteckspiel. Am Ende hat er es sogar als einer der Gründe genannt, warum er Schluss gemacht hat."
- „Krass!"
- „Eigentlich hatte er ja Recht. Aber es war nicht der Hauptgrund für..."
Dann klingelte Nicos Handy. Da es in der Kneipe, in der wir saßen, relativ laut war, ging er raus. Das Gespräch gefiel mir inzwischen ziemlich gut, Nico und ich hatten doch mehr Gemeinsamkeiten und Gesprächsthemen, als es auf den ersten Blick gewirkt hatte. Ich war noch am Nachdenken darüber, als er sich freudestrahlend wieder hinsetzte.
- „Das war die Vermieterin von heute Nachmittag. Ich habe die Wohnung!"
- „Ja super! Glückwunsch!"
- „Danke! Ich kann es selbst noch nicht fassen, wie schnell das ging!"
Nachdem Nico die Besichtigung am nächsten Tag abgesagt hatte, tranken wir noch zwei Apfelweine, redeten über dieses und ...