1. Zwei Brüder, ich und das Rauschen des Meeres


    Datum: 18.03.2023, Kategorien: Sonstige, Autor: Emily Bloomingdale

    ... bestenfalls irgendwo hinter den Wolken zu erahnen war, fühlte sich die Luft schon sommerlich warm an. Das Wasser hatte seit Wochen über 20 Grad, also fast Badewannentemperatur. Ähnlich wie unser Strandhaus, das auf nahezu jeden eine fast schon magisch-erotisierende Wirkung hatte, verfügte auch das Meer über beeindruckende Eigenschaften. Wenn ich träge war, gab es mir meine Energie zurück und wenn ich geladen war wie jetzt, dann wirkte es angenehm beruhigend auf mich. Eine Viertelstunde später fühlte ich mich wie neu geboren und als ich aus dem Wasser stieg, riss die Wolkendecke auf und die Sonne kam zum Vorschein. Schlechte Laune war an der Ostsee nie von langer Dauer, das kannte ich schon seit meiner frühesten Kindheit. Und als ob der Tag sich für seinen Fehlstart entschuldigen wollte, schickte er mir auch noch einen recht ansehnlichen Mann zum Frühstück. Erst jetzt merkte ich, wie hungrig ich war. Der braunhaarige Mann, den ich auf ungefähr dreißig schätzte, musste jedoch wohl schon gegessen haben. Obwohl ich direkt auf ihn zuging, blickte er angestrengt auf den Boden. Immerhin konnte ich ihn so etwas genauer betrachten, ohne dass es auffiel. Er trug eine graue Jeans und ein rotes Shirt. Zum Dreitagebart reichte es noch nicht ganz. Dennoch sah er zweifelsohne gut und sogar ziemlich sexy aus. Meiner ersten Einschätzung nach gehörte er eher in die Kategorie
    
    als
    
    . Kurz bevor ich an ihm vorbeiging, fiel mir ganz plötzlich mein Handtuch in den Sand. Er bückte sich und ...
    ... reichte es mir, ohne ein Wort zu sagen. Dafür schaute er mir endlich in die Augen. Seine waren schokoladenbraun und holten mich fast von den Beinen. "Danke", hauchte ich. Er nickte nur. Da sich auf dem Weg von meinem Haaransatz bis zum Boden 1,68 m nackte Haut befand, hielt er seinen Blick jetzt starr mein Gesicht gerichtet.
    
    Ich wickelte mir das Handtuch um. "Ist es so besser?", fragte ich einfühlsam und mit nur einem winzigen Hauch Ironie.
    
    "Ja, danke."
    
    "Ich bin übrigens Malena", sagte ich und hielt ihm meine Hand hin.
    
    Er zögerte, so als ob er sich vergewissern wollte, dass das Handtuch auch nicht herunterrutschen würde. Dann gab er mir immer noch reichlich verlegen wirkend die Hand. "Jakob."
    
    Sehr gesprächig war er nicht, aber das schrieb ich dem Schock zu, den er anscheinend erlitten haben musste. "Wenn du auf Nummer sicher gehen möchtest, solltest du diesen Strandabschnitt zwischen sieben und neun Uhr morgens lieber meiden."
    
    "Wieso?"
    
    "Weil jeder der aus diesem Haus kommt, unbekleidet ins Wasser geht. Und wenn du
    
    Anblick schon kaum ertragen kannst, dann solltest meinem Vater besser erst gar nicht über den Weg laufen."
    
    "Männer sind nicht so schlimm", murmelte er und ich hatte keine Ahnung, was er damit sagen wollte. "Wir sind dann jetzt wohl Ferienhausnachbarn. Ich ziehe gerade nebenan ein."
    
    "Na Gott sei Dank!", erwiderte ich erleichtert. "Ich dachte schon, das unverschämte Arschloch, das vorhin bei mir geklingelt hat, würde dort einziehen."
    
    "Äh, ...
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