1. Zwei Brüder, ich und das Rauschen des Meeres


    Datum: 18.03.2023, Kategorien: Sonstige, Autor: Emily Bloomingdale

    ... steckte sie hoch. Doch erst, als sie nach einer Perückenhaube griff, verstand ich, was sie da tat.
    
    "Augen zu", forderte sie mich auf, ging kurz weg, kam aber umgehend wieder zurück und setzte mir eine Perücke auf. "Sie steht dir noch besser, als ich gedacht habe."
    
    Ich stand auf und stellte mich vor den nächsten Spiegel. Ich hatte zu Partys schon Perücken in rot und lila getragen, aber tatsächlich war ich nun zum ersten Mal in meinem Leben blond. "Das ist unglaublich", stammelte ich. "Wenn ich nicht wüsste, dass ich mich gerade selber anschaue, würde ich alles versuchen, um die scharfe Stute ins Bett zu kriegen."
    
    "Der Typ ist gerade nebenan in den Klamottenladen gegangen", teilte uns Regina aufgeregt mit.
    
    "Na dann los, schnapp dir den Hengst!" sagte Bianka zu mir.
    
    Es dauerte keine fünf Sekunden, bis ich ihn entdeckt hatte. Allerdings war ich mir komplett unsicher, wie es nun weitergehen sollte. Es war ja noch nicht einmal meine Idee gewesen! Sollte ich ihn einfach ansprechen? Aber was dann? Etwas überfordert von der Situation und der plötzlichen Existenz als Zwillingsschwester stöberte ich wie üblich bei den Bikinis. Die Perücke gefiel mir, aber alles andere war dummes Zeug. Was hatte sich meine Freundin nur dabei gedacht?
    
    "Dieser Bikini würde Ihnen ganz hervorragend stehen!"
    
    Ich blickte in zwei strahlend hellblaue Augen und mir stockte der Atem. Doch ich fing mich schnell wieder. "Ach ja? Und Sie arbeiten hier als Bikinifachverkäufer?"
    
    "Nein, ich ...
    ... gebe nur meine Expertise an unschlüssige Traumfrauen weiter."
    
    Ja, der Spruch war nur mäßig originell und es ärgerte mich entsprechend, dass ich dennoch verlegen grinste. Dann erst warf ich einen Blick auf den Bikini, den er ausgesucht hatte. Es war das gleiche Modell, dass Lusia vor ein paar Tagen in diesem Laden gekauft hatte, allerdings in schwarz. "Der ist äußerst knapp."
    
    Er drehte seinen Kopf in alle Richtungen und sah sich angestrengt im Laden um. "Sie sind auch die einzige Frau hier, die ihn tragen kann", sagte er mit verschwörerischer Miene.
    
    Was für ein Schleimer. Aber trotzdem fühlte ich mich geschmeichelt. "Na gut, dann werde ich ihn mal anprobieren", erwiderte ich großmütig und ging in die Umkleide. Er passte nicht nur perfekt zu meinen blonden Haaren, sondern brachte auch sonst all meine Vorzüge ganz hervorragend zur Geltung. Verdammt, sah ich heiß aus! Fast hätte ihm meinem Spiegelbild einen Kuss verpasst. Doch schließlich zog ich mich wieder um und lief dem Kerl fast über den Haufen, als ich die Kabine verließ.
    
    "Und? Hatte ich Recht?"
    
    "Das kann ich nicht leugnen", gab ich zurück.
    
    "Dann kaufen Sie ihn?"
    
    "Nein, für so wenig Stoff ist er mir eindeutig zu teuer. Außerdem laufen hier viele Rentner herum. Und wir wollen doch nicht eine Serie von Herzinfarkten riskieren, oder?"
    
    Doch er gab sich nicht geschlagen. "Wie wäre es mit einem Deal? Ich bezahle den Bikini und Sie ziehen ihn sofort an. Anschließend lade ich Sie noch auf einen Kaffee oder ein ...
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