1. Merlins Kinder 04: Die neue Welt


    Datum: 26.03.2023, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byPhiroEpsilon

    ... auch der Grund war, dass sie ihn mich heiraten ließen.
    
    Auf jeden Fall war sein Urgroßvater Johann Ernst Vorsitzender des deutschen Magierates — ich hatte den Namen gekannt, aber ihn nie mit Frank in Verbindung gebracht — und damit der älteste lebende Magier in Deutschland. Der älteste bekannte zumindest. Es war gut möglich, dass bei der Hochzeit noch mehr Verwandtschaft auftauchte, die aus lauter Gewohnheit ihr Alter und ihre Verbindung zur Familie Wegner normalerweise geheim hielten.
    
    Frank hatte genauso mit den Schultern gezuckt wie Tamara, als ich ihn nach einer genauen Zahl fragte. "Vielleicht hundert? Eher hundertfünfzig. Und von dir?"
    
    Ich schüttelte den Kopf. "Die sind völlig ausgerastet, als ich ihnen erzählte, wer du bist."
    
    "Auch dein Vater? Der war doch bei unserer Hochzeit."
    
    "Damals wusste er das ja nicht. Ich kann von Glück sagen, dass er keinen Holzpflock herausgeholt hat."
    
    "Das wirkt angeblich gegen Vampire, aber auf keinen Fall gegen Magier."
    
    Ich verzog das Gesicht. "Versuch doch du, ihm das zu erklären. Aber sorg dafür, dass du schnell genug wegteleportieren kannst."
    
    Er griff nach meinen Händen. "Ich kann nicht teleportieren, Liebes. Ich mag ja ein direkter Nachfahre Merlins sein, aber ich habe noch nie im Leben irgendetwas verzaubert. Ganz im Gegensatz zu dir. Duhast mich sofort verzaubert."
    
    Ich fiel ihm um den Hals. "Du Süßholzraspler."
    
    "Nur die reine Wahrheit."
    
    Er hatte wie ein Honigkuchenpferd gegrinst. Und ich war mir ...
    ... sicher, er würde es jetzt auch tun, wenn es sich mit der Würde seines Amtes als Pfarrer und Vater des Bräutigams vertragen würde.
    
    *
    
    "Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren", sagte Frank von der Kanzel herunten.
    
    "Dein Mann hat eine sehr angenehme Stimme", flüsterte Tamara mir zu.
    
    "Nicht nur das", murmelte ich, und sie grinste mich an.
    
    "Statt einer Predigt möchte ich euch eine Geschichte erzählen, die schon lange bekannt ist, die ich aber vor nicht allzu langer Zeit in einer neuen und — wie mir Experten versichern — viel authentischeren Version gehört habe."
    
    2
    
    Martin
    
    (Ein Feldweg in der Nähe von Stotternheim bei Erfurt
    
    2. Juli 1505)
    
    "Vermaledeites Wetter!" Ich fluchte leise vor mich hin, während mein Blick auf dem Boden versuchte, nicht die überspülte Straße zu verlieren. Ich hätte auf die Leute in Eckartsberga hören sollen, die hatten mich vor dem Unwetter gewarnt. Aber nein, ich hochnäsiger Student wusste es mal wieder besser als das gemeine Landvolk.
    
    Wasser floss von meiner Hutkrempe über meinen Rücken in meine Hose. Bei jedem mühseligen Schritt fürchtete ich, dass mein Stiefel im Schlamm stecken blieb.
    
    Ich hob den Kopf, doch um mich herum war alles grau. Der Regen fiel so dicht, dass ich nicht unterscheiden konnte, was ein Baum und was ein Felsen war.
    
    "Jesus Christus!" Plötzlich schlug der Blitz nur drei Schritte von mir entfernt in den Boden. Ich schrie auf und sprang rückwärts, stolperte über einen Stein und fiel zu Boden, das ...
«1234...11»