1. Kurzsichtig ... Weiter Geht's


    Datum: 29.06.2023, Kategorien: Hausfrauen Autor: bytears4U

    (Die Anregung im freundlichen Kommentar von Anonymus möchte ich aufgreifen und nachfolgend den Versuch einer Fortsetzung starten. Vielleicht gelingt das mit diesem Beitrag.)
    
    Die eMail des Optikers besagte, dass meine Brillen zur Abholung bereit lägen. Prima, das ging ja wirklich schnell. In nur gut einer Woche! Eine Woche, in der ich mich ohne taugliche Brille etwas hilflos fühlte, sah ich die Welt doch durch einen Weichzeichner. Ab Schriftgröße 14 ging es aber mit dem Lesen auch wieder ganz gut, sofern ich die Online-Ausgabe der Zeitung wählte.
    
    Autofahren war auch ein wenig tricky. Tagsüber funktionierte es gerade mal so. Dennoch meinte meine Frau, ich solle selber in die Kreisstadt fahren und mir die Brillen abholen. Sie könne in der Zwischenzeit schon mal Teile des Essens vorbereiten. Ihren, die Auswahl eines ansprechenden und zu meinem rundlichen Gesicht passenden Rat hätte ich ja in der Vorwoche auch nicht benötigt.
    
    Nur zu gut erinnerte ich mich lebhaft an die unerwartete und in höchstem Maße kundenorientierte Betreuung durch Frau Klar im Zuge des Beratungsgesprächs. Zu der intensiven Behandlung rund um meine Sehschwäche wäre es natürlich nicht gekommen, wenn mich meine Frau seinerzeit begleitet hätte. Soviel war einleuchtend.
    
    Etwas unsicher näherte ich mich dem Gebäude, in dem die Filiale untergebracht war. Was würde mich erwarten, wenn mich Frau Klar wieder zwischen ihre Finger und womöglich wieder zwischen andere Körperteile bekäme? Obwohl, gar so ...
    ... abschreckend war der Gedanke nun auch wieder nicht.
    
    „Ich bedaure, Herr Schmidt, Frau Klar befindet sich augenblicklich noch in einem Kundengespräch. Wenn Sie warten wollen .... Oder hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mich um sie kümmere? Mein Name ist Linette. Linette Glasow."
    
    Mann, schon wieder diese Wortspielerei! Gibt's denn nur noch so etwas? Letztens erst Yvonne Klar, die für meine „klare" Sicht sorgen wollte, jetzt Linette Glasow. Ich dachte sofort an die französische Vokabel für Brille: lunettes.
    
    Ich vernahm allerdings im Hintergrund Yvonne Klar's Stimme. Es ließ mich schmunzeln, klang es doch ähnlich luftig, locker und unbedarft wie seinerzeit bei mir. Auch ähnliche Gesprächsinhalte. Welche Kleidung sie trug, konnte ich nicht erkennen, spielte sich das Gespräch doch in meinem Rücken ab. Und allzu neugierig wollte ich nun auch wieder nicht daherkommen und mich umdrehen. ‚Wie mag das da wohl enden?', kam mir in den Sinn und dachte an meine ‚Behandlung'. Aber da stand ja Linette vor mir und erwartete eine Reaktion.
    
    Sie war wirklich nett anzusehen. Eine vielleicht Mittzwanzigerin mit angenehmer, leicht dunkler Stimme, warmes Timbre, langes sehr dunkles Haar, das ihr bis zwischen die Schulterblätter reichte, ein freundliches, etwas südländisch anmutendes Gesicht mit offenen dunklen Augen, Sie war recht groß, schätzungsweise einsachtzig, und verbarg ihren zierlichen Körper in weiter, bequemer Kleidung, die aus einem Midi-Fransenrock und einem Oversized-Pulli bestand. ...
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