1. Weihnachten zu dritt


    Datum: 03.09.2018, Kategorien: Sonstige, Autor: Aldebaran66

    ... Wetter hier draußen herumsitzt. Überhaupt sollte man gar nicht draußen sein!"
    
    Angela blickte auf und musste ihren Kopf fast in den Nacken legen, denn der Mann, der vor ihr stand, war ein Baum von einem Menschen. Sicher mindestens einen Meter und neunzig, wahrscheinlich eher zwei Meter. Dazu recht breit gebaut, wobei der Eindruck auch von dem Mantel entstehen konnte, den er trug. Er war sehr dick und hatte eine dunkelbraune Farbe, hing bis fast auf die Schuhe herab und hatte am Kragen einen Pelzbesatz.
    
    Weiter oben schauten sie glasklare blaue Augen an, die aus einem etwas älter wirkenden Gesicht strahlten, diesem dadurch aber etwas Jugendliches zurückgaben. Auf dem Kopf hatte er eine Pelzmütze, die so aussah wie die von Russen im Winter.
    
    Angela wusste, dass sie sicher einen jämmerlichen Eindruck machte und ihr Gesicht wenig lieblich aussah. Besonders als sie jetzt ihre schon angeschwollene Gesichtshälfte mit zu ihm drehte. Außerdem war ihr Schminke, längst durch die Tränen verlaufen.
    
    Der Mann sah sie immer noch regungslos an, ohne etwas zu tun. Angela fühlte sich aber nicht wohl bei dem Gedanken, dass er dort stand, und sagte ihm nur: "Ist alles in Ordnung. Mein Bus kommt gleich und dann bin ich hier weg. Machen sie sich keine Gedanken!"
    
    "Hmmmm", macht er nur und drehte sich um. Dann ging er langsam weiter und verschwand im Schneegestöber.
    
    Angela wusste nicht genau, warum sie das zu diesem Mann gesagt hatte. Sie hatte schon immer eine gewisse Scheu vor ...
    ... anderen Menschen gehabt, denn sie fühlte sich in der Nähe von Unbekannte nicht wohl. Dabei war vollkommen egal, ob diese ihr etwas tun wollten oder nicht. Das konnte sie schließlich vorher nicht wissen.
    
    Also saß sie weiterhin da und überlegte sich ihre Situation, während ihr Körper nach Wärme lechzte. Ihr musste schnell etwas einfallen, aber wie immer, wenn es schnell gehen musste, war der Kopf leer. Sie freundete sich immer mehr mit dem Gedanken an, bei der Polizei ein warmes Plätzchen zu finden.
    
    Doch dann stand auf einmal wieder der große Schatten vor ihr, ohne das sie es bemerkt hatte.
    
    "Das kann man sich ja nicht mit ansehen!", meinte die Stimme. "Du wirst hier erfrieren. Wann kommt denn der nächste Bus?"
    
    Angela hob ihre Schulter. Sie wusste es nicht, woher auch. Sie fuhr niemals mit dem Bus, und wenn einer gekommen wäre, hätte sie nicht gewusst, wohin dieser fuhr. Einmal davon abgesehen, hätte er sie ohne Fahrkarte auch gar nicht mitgenommen.
    
    "Also!", sagte die Stimme, "ich werde hier mitwarten, bis der Bus gekommen und mit dir weggefahren ist. In der Zwischenzeit ziehst du meinen Mantel über!"
    
    Angela sah zu, wie er sich aus dem Mantel pellte und diesen ihr dann hinhielt.
    
    Jetzt war ihr alles egal. Sie fror inzwischen so stark, dass sie nicht einmal mehr antworten konnte. Zu sehr schlugen ihre Zähne aufeinander.
    
    Um den Mantel anziehen zu können, stand sie mit wackeligen Beinen auf. Dann legte ihr der fremde Mann den Mantel um, der bei ihr um einiges auf ...
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