1. Lissabon - Das Erbe meiner Mutter


    Datum: 08.05.2024, Kategorien: Reif Autor: Lina Rohde

    ... Haselnussbraun, die unzählige unerzählte Geschichten enthielten. Er war stets sorgfältig gekleidet und bevorzugte Anzüge, die zu seinem kräftigen Körperbau passten. Eine dünne Silberkette, die einst seinem Großvater gehörte, schmückte stets seinen Hals, ein Andenken an seine Wurzeln und die Familie, die ihm am Herzen lag.
    
    Beruflich war Florian ein gefragter Architekt, der einige der beeindruckendsten Gebäude in seiner Heimat entworfen hatte. Seine Arbeiten wurden in renommierten Zeitschriften wie "Architectural Digest" und "Dezeen" veröffentlicht. Er hatte ein besonderes Talent dafür, das Traditionelle mit dem Zeitgenössischen zu verbinden, ganz wie in seinem eigenen Leben. Es war sein Projekt in Lissabon, das ihn vor fast zwei Jahrzehnten mit meiner Mutter bekannt machte. Sie trafen sich in einem örtlichen Café, dem "Pastéis de Belém", das für seine köstlichen Pastéis de Nata berühmt ist. Aus einem zufälligen Treffen bei gemeinsamem Gebäck wurde eine lebenslange Romanze, und Florian wurde ein fester Bestandteil unseres Familienlebens.
    
    Als wir uns auf unsere Reise vorbereiteten, konnte er seine Vorfreude darauf, mir die Stadt zu zeigen, die er liebte, nicht verbergen. Wir besprachen die Sehenswürdigkeiten: Vom historischen "Torre de Belém" bis zum zeitgenössischen "MAAT-Museum" und natürlich das quirlige Ausgehviertel "Bairro Alto", wo die Fado-Musik in der Luft lag und die Vergangenheit mit der Gegenwart verschmolz.
    
    Auf unserem Plan stand auch der Besuch des ...
    ... jährlichen Musikfestivals "NOS Alive", bei dem namhafte Künstler aus der ganzen Welt auftraten. Der Gedanke, die Red Hot Chilli Peppers und viele andere Bands live zu sehen, ließ mich vor Vorfreude kochen. Mit Florians Interesse für Geschichte und Architektur und meiner Vorliebe für die Gegenwartskultur war unser Reiseplan die perfekte Mischung aus Alt und Neu.
    
    Je näher der Tag unserer Abreise rückte, desto leichter wurde die Last meiner Trauer. Die Aussicht auf neue Erinnerungen in einer Stadt, die für die wunderbare Liebesgeschichte zwischen meiner Mutter und Florian stand, war therapeutisch. Und in all dem blieb Florian meine Stütze, die Brücke zwischen meiner Vergangenheit und der Zukunft, die noch geschrieben werden muss.
    
    Der Tag unserer Abreise brach klar und hell an. Ein Hauch von Aufregung lag in der Luft, ihre Frische vermischte sich mit dem schwachen Duft des Kaffees, der in der Küche köchelte. Ich zog eine bequeme Jeans und ein lockeres Hemd an und schnappte mir meine abgenutzten Turnschuhe, während Florian sich für ein knackiges Leinenhemd und eine Chino Hose entschied, immer der Inbegriff von lässiger Eleganz.
    
    Wir fuhren mit einem Uber zum Flughafen, und als wir durch die Straßen der Stadt fuhren, durchfuhr mich ein Wechselbad der Gefühle. Die vertrauten Wahrzeichen, das Café, in dem ich oft meinen morgendlichen Milchkaffee trank, der Buchladen mit den knarrenden Dielen - alles schien heute eine besondere Bedeutung zu haben, als würde es mir stillschweigend ...
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