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Europäischer Frieden
Datum: 16.06.2024, Kategorien: Erotische Verbindungen, Autor: byGustavNacht
«Merde», flucht Pierre Pinceau, als die Ergebnisse der Abstimmung aufleuchten. Der maltesische Aussenminister hat seine Drohung wahrgemacht und das Veto eingelegt. Frankreich wird die Fischereirechte im Ärmelkanal verlieren. Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt als französischer Präsident spürt Pierre Pinceau eine Müdigkeit, die nichts mit Schlafen zu tun hat. Die Anstrengungen, die er täglich auf sich nimmt, erscheinen ihm plötzlich sinnlos. Dieses ewige Streiten und Pokern um Kleinigkeiten sind nicht das, was er sich von der Politik erhofft hat. Er spürt, wie seine Hoffnung schwindet. Die Hoffnung etwas verändern zu können im Leben der Menschen, sie in eine bessere Zukunft zu führen. Etwas Grosses zu schaffen. «Jetzt streichen wir Malta die Zuschüsse», zischt ihm Wirtschaftsminister Cobain ins Ohr. Seine Augen funkeln giftig hinter den runden Brillengläsern. «Das werden sie büssen». Er mag Cobain nicht. Aber abschütteln lässt sich der kleine Wichser auch nicht. Und wenn er ehrlich ist, kann er auch kaum auf ihn verzichten. Es ist Cobain, der unter den Sozialisten Streit entfacht, wenn es nötig ist; es ist Cobain, der die Gewerkschaften vom Streiken abhält und er ist es auch, der die Kleinparteien bei der Stange hält, ohne sie mitreden zu lassen. Wie er das alles fertigbringt, will Pinceau gar nicht wissen. Dass er dabei nicht zimperlich vorgeht, muss jedem klar sein, der etwas von der Sache versteht. Gerade das ermöglicht es jedoch ihm -- dem Präsidenten -- ...
... stets als Versöhner und Saubermann dazustehen. «Unsinn, Cobain. Wir müssen die Rechte der Minderheiten respektieren. So funktioniert die Union und so garantieren wir den europäischen Frieden.» Cobain verdreht die Augen und beugt sich zu seinem Ohr. Mit eindringlicher Stimme antwortet er: «Begreifst du nicht Pierre, die verarschen uns. Malta ist ein Felsen im Meer, verschissen von den Möwen und bewohnt von ein paar Piraten. Die habens nicht anders verdient. Wir müssen auf diese Provokation reagieren. LA FRANCE, La Grande Nation, verstehst du? Das ist unser Weg. Die kleinen Scheisser müssen zittern vor uns, sonst verlieren wir allen Respekt.» Mit einem raschen Blick über die Schulter versichert sich Cobain, dass sie unbeobachtet sind. Dann fragt er: «Hast du was von Deutschland gehört? Sind sie dabei?» «Nein --...das heisst, ich weiss es nicht.» «Was!? Du weisst es nicht?» Cobain haut mit der flachen Hand auf den Tisch. «Herrgott nochmal, Pierre. Wir reissen uns hier den Arsch auf für dich. Rede mit der deutschen Landwirtschaftsministerin, lass deinen Charme spielen.» «Ja, schon gut, ich kümmer' mich drum.» Wie er diese Ränkespiele verabscheut. So sehr er sich den politischen Erfolg wünscht, niemals wird er dafür die höheren Ideale aufs Spiel setzen. Muss es nicht das Ziel eines jeden Politikers sein, das Beste für die Menschheit als Ganzes zu erreichen? Fairness, Humanität und Loyalität sind moralische Stützen, an denen nicht gerüttelt werden darf. Dass Cobain ...