Wenn die Nachtigall erwacht 01
Datum: 26.03.2018,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie
Autor: by_Faith_
... schaltete sie ihr Smartphone ein und wählte sich in den freien WLAN--Hotspot ein, um ihre E-Mails abzufragen. Wie zu erwarten, waren keine E-Mails in ihrem Postfach, der Account bestand ja erst seit ein paar Tagen. Lediglich eine Nachricht, die als Spam-Mail klassiert war, befand sich in dem dafür vorgesehenen Verzeichnis. Kauend öffnete sie den Unterordner und fand eine Mail. Der Name des Absenders war eine kryptische Zeichenfolge, die wohl keinen tieferen Sinn hatte. In der Betreffzeile stand jedoch: „An die Blaue Königin".
‚Fuck!', der Gedanke schlug wie ein Blitz in ihrem Kopf ein. Das war keine Spam-Mail und wahrscheinlich konnte man den Absender auch nicht zurückverfolgen -- zumindest fehlten ihr die technischen Möglichkeiten dafür. Ihr Finger kreiste über dem Display, aber sie zögerte mit dem Öffnen der Mail und biss noch einmal vom Sandwich ab.
Sie war die Blaue Königin, zumindest war dieses Wesen ein Teil von ihr. Genau der Teil von ihr, der in ihrem zukünftigen Leben nicht mehr den Ton angeben sollte. Die Blaue Königin war offiziell im Ruhestand. Der sinngemäße Inhalt der letzten Botschaft aus Langley besagte: „Es gibt keine Hinweise mehr auf Aliens, die Abteilung wird bis auf Weiteres aufgelöst. Lebe lange und in Frieden, aber vermehre Dich nicht!"
Damit endete eine jahrelange, von gegenseitigem Misstrauen geprägte Zusammenarbeit mit der CIA und deren befreundeten Geheimdiensten. Alleine die letzte Einzahlung auf ihrem Schweizer Bankkonto reichte für ein ...
... geruhsames Leben. ‚Ich habe Geld, ich habe einen Personalausweis und ich habe meine Ruhe', dachte Miriam, und ihr Finger schwebte knapp über dem kleinen Papierkorbsymbol, mit dem sie die Mail ungeöffnet vom Display verschwinden lassen könnte. Wenn da nicht der latente Verdacht bestünde, dass sie bewusst aus dem Spiel genommen wurde, weil Dinge geschahen, von denen sie nichts wissen sollte.
Sie aß den Rest des Sandwiches und starrte kauend durch das Schaufenster auf die Straße. Schließlich stellte sie den leeren Colabecher auf das Tablett und öffnete die E-Mail, die an die Blaue Königin gerichtet war. „Noch einmal stürmt, noch einmal, liebe Freunde!", stand auf dem Display. Ihre früheren Aufträge bekam sie nicht mit den Worten von toten Dichtern übermittelt. Der Text war ein Hyperlink. Miriam klickte ihn an und landete auf einer Website, die eine Landkarte anzeigte. Gar nicht weit von ihrer neuen Heimatstadt, blinkte ein kleiner Punkt. Sie zoomte die Karte größer und erkannte, dass es sich um einen stillgelegten Militärflugplatz handelte. Je größer sie die Karte zoomte, desto größer wurde auch der blinkende Punkt. Als sie ihn ganz groß gezoomt hatte, sah er aus wie ein Osterei.
»Fuck!«, zischte Miriam. Auf dem Display erschienen GPS--Koordinaten sowie eine Datums- und Zeitangabe. ‚Das ist heute Nacht!', wurde Miriam bewusst. Sie schaltete ihr Smartphone aus, demontierte den Akku und verstaute die Einzelteile in ihrer Handtasche. Mit einem dezenten Rundblick versicherte ...