1. Erinnerungen 02


    Datum: 15.11.2018, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byErelyn

    ... einen Menschen, dem er vertrauen konnte, aber nur ganz selten hatte er an sie gedacht, es war ein abgeschlossenes Kapitel in seinem Leben gewesen. Nun wirkte alles wieder frischer als je zuvor. Ihre Gestalt tauchte immer wieder auf, als Abbild des Moments, als sie sich das letzte Mal gesehen hatten, vor vielen Jahren...
    
    Er versuchte, ihr Bild wieder aus seinem Kopf zu verbannen, doch es gelang ihm nicht einmal ansatzweise. Beinahe schien es, als würde sie sich in seinen Gedanken festkrallen, als wäre sie es und nicht er, der darüber entschied. Alte Lektionen fielen ihm ein, wie man Gedanken dieser Art vertrieb, Stück für Stück errichtete er in seinem Kopf ein endloses, sich immer wieder veränderndes Labyrinth, gab seine Bemühungen jedoch sofort wieder auf, als er spürte, wie das Bild von Aileen scheinbar dagegen ankämpfte.
    
    Es war genau das gleiche Gefühl, wie wenn jemand versucht in den eigenen Gedanken herumzuwandern. Woher kam es? Warum Aileen, sie war wahrscheinlich hunderte Kilometer von ihm entfernt. Sein Vertrauen zu Aileen war über all die Jahre geblieben. Statt sie nun vertreiben zu wollen, konzentrierte er sich auf ihr Bild, sie wurde zu einer wabernden Gestalt, wie im Nebel. Ihre Lippen bewegten sich, doch er konnte nichts hören, sie kaum erkennen.
    
    Ärgerlich versuchte er sie zu vertreiben, dies hier war weder der richtige Ort, noch die richtige Zeit. Er hatte Daria, und mit ihr mehr, als er jemals wieder zu hoffen gewagt hatte. Ein wohliges Gefühl ...
    ... breitete sich in ihm aus, als er an ihren Kuss von heute Morgen dachte. Es war nur ein kurzer Augenblick, aber er befreite ihn, gab ihm Sicherheit. Doch die Dämonen der Vergangenheit vertrieb man nicht so einfach, sie würden wieder kommen.
    
    Das Bild in seinem Kopf wurde von einem dunklen Schleier überzogen, nur durchbrochen von einem einzigen Lichtstrahl, der gerade genug war, um Aileens Gesicht und einen Teil ihres Oberkörpers zu beleuchten. Sie war nichts weiter als eine schwebende Gestalt, eine dunkles Wesen ohne feste Form oder Körper, das sich in seinem Geist eingenistet hatte.
    
    Alles schien unwirklich, doch so sehr er sich auch bemühte, sie verschwand nie ganz. Langsam bekam er ehrliche Angst, das was er gerade erlebte waren entweder heftige Halluzinationen oder eine Macht, der man nur mit äußerstem Respekt begegnen sollte. War es wirklich sie, oder vielmehr ein Produkt seiner Gedanken?
    
    Nein, er hatte nur das Grab seiner Vergangenheit wieder aufgebrochen, der dicke Stein, mit dem er es verschlossen gehalten hatte, war nun verschwunden. Damals hatte das Schicksal seine eigenen Pläne gehabt, hatte eine wunderbare Zeit viel zu schnell beendet. Sie hatten es gewusst, immer wieder hatte er sich daran erinnert. Er hatte kein Recht, über etwas zu klagen, was schon lange vorher für ihn bestimmt gewesen war.
    
    Wie um sich zu vergewissern, dass sie noch da war, griff er nach Darias Hand, die wie er schweigend der Sonne entgegen lief. Sie war sein letzter Halt -- hoffentlich für ...
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