1. Reise der Lust (Teil 02)


    Datum: 28.11.2018, Kategorien: Betagt, Autor: byMax_Lust

    ... übervorsichtig. Seine Suche nach ihr, während er sich in die Reihe für die Essensausgabe stellte, hatte wohl mehr einen Placeboeffekt als alles andere. Ausserdem waren in diesem Raum so viele Leute, dass es eher Zufall war, wenn man die Person fand, die man gesucht hatte.
    
    Von Tag zu Tag begann er sich in der Kantine etwas mehr zu entspannen. Zwischendurch fragte er sich immer wieder, warum er sich überhaupt so einen Stress mit dieser Situation machte. Jeden Tag, während er in der Schlange stand, dachte er an diese Frau. Natürlich dachte er an diese herrliche Oberweite und musste ab und zu hoffen, dass niemand die Beule in seiner Hose wahrnimmt. Aber an dieser Frau war etwas Besonderes. Er hatte es damals gespürt und es hatte einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen. Unterbewusst war ihm klar, dass das der Grund ist, warum er so aufgeregt war beim Gedanken sie wieder zu treffen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass das passieren würde, erschien ihm immer geringer. Er wusste nicht, ob er sich darüber freuen oder traurig sein sollte. Mit den Tagen wurde diese Frage immer unerheblicher und sein Bewusstsein beschäftigte sich immer weniger mit ihr.
    
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    Seit dem Zwischenfall mit der Frau sind ein paar Wochen ins Land gegangen und er dachte nicht mehr so oft an sie. Wenn er es doch tat, dann nicht mehr in der Kantine, sondern meistens, wenn er im Bett lag. An diesem Tag war Kartoffeleintopf auf dem Speiseplan und er hätte sich gewünscht ...
    ... wenigstens die Auswahl zwischen zwei Gerichten zu haben. Ja, er wusste von Anfang an, dass es so laufen würde, weil es im Einführungsbuch stand. Als er damals seine Bewerbungsunterlagen einreichte, war er allerdings mit den Gedanken bereits am Ziel seiner Träume. Die Unannehmlichkeiten des Weges dahin, schienen damals nicht ins Gewicht zu fallen. Jammern hatte keinen Sinn. Er würde sich mit dem Kartoffeleintopf an diesem Tag anfreunden müssen. Im Teller von Personen, die bereits ihre Portion zum Tisch trugen, hat er sogar kleine Stückchen gesehen, die nach Fleisch aussahen. Also war alles nur halb so schlimm.
    
    Als er noch über die Qualität des Essens nachdachte, wurde er plötzlich von der Seite angerempelt. Es war wohl eine Person, die hastig von einer Seite der Schlange zur anderen wollte und nicht aufgepasst hatte. Beim Zusammenstoß, noch in Gedanken beim Kartoffelauflauf, fiel ihm seine Metallschüssel zu Boden. Er fragte sich, ob er Glück hatte, dass es hier keine Porzellanteller gab. Bevor in der Menge noch jemand über die Schüssel stolpern konnte, bückte er sich schnell. Er richtete sich wieder auf und inspizierte dabei die Schüssel bezüglich ihrer momentanen hygienischen Unbedenklichkeit. Während er seinen Körper wieder in die aufrechte Position brachte, stieß sein Ellenbogen gegen etwas Weiches und sank ein ganzes Stück ein. Es war wie ein Polster und fühlte sich ganz gut und bequem an. Er war etwas verwirrt, wie auf einmal so ein Polster hinter ihm auftauchen konnte ...
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