1. Liebe, Tod und Neuanfang


    Datum: 11.12.2018, Kategorien: Sonstige, Autor: Aldebaran66

    ... selber die Urne in das kleine Grab herunter. Ich hatte mir allerdings etwas von ihrer Asche in eine kleine gläserne Phiole abfüllen lassen. Es war nicht einfach, aber zum Schluss gelang es mir.
    
    Kapitel 7
    
    So oft ich konnte, kam ich an ihr Grab und pflegte gleichzeitig jene Stelle mit, die daneben so verwildert aussah. Auch hier schnitt ich das Gras, damit das von Silvia nicht mit in Leidenschaft gezogen wurde.
    
    Die Wochen und Monate gingen durchs Land.
    
    Hatte ich immer gedacht, dass die Zeit alle Wunden heilte, wurde ich eines Besseren belehrt. Silvia hatte mir zwar immer gesagt, dass wenn sie nicht mehr da wäre, ich nicht auf die Idee kommen sollte, keusch zu leben oder eine neue Liebe auszuschlagen, doch es funktionierte nicht.
    
    Ich verglich alle Frauen mit Silvia und keine konnte ihr im Geringsten das Wasser reichen. Keusch zu leben, hätte ich mir nie erträumt, aber es war fast so. Mehr als der unbefriedigende Gang zu einer käuflichen Dame war nicht drin. Eine emotionale Bindung war von meiner Seite nicht gewünscht und die bekam ich auch nicht von ihnen. Ich wäre ebenfalls nicht auf die Idee gekommen, mir eine neue Frau zu suchen. Ich registrierte sie nicht einmal, hätte es nicht bemerkt, wenn sich eine von ihnen für mich interessiert hätte.
    
    Etwas mehr als ein Jahr nach der verhängnisvollen Zeit, entdeckte ich, auf dem Platz neben Silvia ein frisch ausgehobenes Loch. Also würde demnächst dort jemand beigesetzt werden.
    
    Als ich zwei Tage später wiederkam, ...
    ... war das Loch zu und es stand eine kleine Vase darauf, in der eine einzelne rote Rose steckte. Sonst war nur noch ein kleiner Stein darauf gelegt worden, auf dem der Name Ingo stand. Nichts weiter kein Nachname, keine Daten. Schlichter ging es nicht, sagte aber alles aus.
    
    Was die nächsten Tage auffiel, war, wie sorgfältig das kleine Grab gepflegt wurde. Kein Grashalm war länger als das andere und die einzelne, rote Rose war immer frisch, wurde mindestens zweimal pro Woche ausgewechselt.
    
    Es kam vor, dass sie noch nicht einmal richtig aufgegangen war, und schon war eine neue mit geschlossener Knospe darin.
    
    Irgendwann machte es mich neugierig, ich wollte wissen, wer derjenige war, der sich dort betätigte. War es eine Mutter, die ihren Sohn zu Grabe getragen hatte, eine Frau, die ihren Mann verloren hatte oder das Grab eines Vaters, dessen Kinder oder Enkel alles pflegten.
    
    Da ich täglich einen Spaziergang zu Silvias letzter Ruhestätte machte, fiel es mir nicht schwer, diese immer zu anderen Uhrzeiten zu tun. Irgendwann würde die Person oder Personen erscheinen.
    
    Es dauerte zwei Wochen, als ich sie zum ersten Mal sah. Sie kam fünf Minuten nach zwölf und verschwand zwanzig Minuten später. In dieser Zeit schnippelte sie mit einer kleinen, mitgebrachten Schere das Gras auf exakt die gleiche Höhe und stellte eine neue Rose in die Vase. Danach stand sie noch fünf Minuten stocksteif vor dem Grab und sah hinunter. Erst dann drehte sie sich um und verwand in die Richtung, aus ...
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