1. Nackt im Theater


    Datum: 16.03.2019, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym

    ... Monologe aus ihrem Repertoire zum Besten geben sowie einigen Spielanweisungen der Jury Folge leisten. Dann meldete sich wieder der Direktor zu Wort. "Nun, wie Sie bestimmt selbst wissen, sind Emotionen im Theater von entscheidender Bedeutung. Denn wenn sie nicht echt wirken, kommt das beim Zuschauer nicht an und wirkt schlicht und einfach lächerlich." In der Folge musste meine Freundin sozusagen auf Befehl herzhaft lachen, sich verängstigt zeigen, heulen, ja sogar einmal die Jury aufs übelste beschimpfen. Immer wenn sie mitten in einer Emotion war kam eine neue Anweisung aus der Reihe der Jury, nur in Form eines einzigen Wortes: "Lachen! ... Jetzt weinen! ... Ein Wutausbruch bitte sehr!" Ehrlich gesagt, ich hätte das nie gekonnt und staunte ob der Verwandlungsfähigkeit meiner Freundin.
    
    "Gut, wie Sie wissen sind wir ein ja ein junges und aufgeschlossenes, ich möchte beinahe schon sagen, alternatives Theater, welches in seinen Stücken das tägliche Leben widergibt, der tägliche Wahn halt. Da kommt es ganz unvermeidlich hin und wieder vor, dass man auf der Bühne manchmal auch etwas mehr von sich preisgeben muss, wenn Sie wissen was ich meine." "Ich glaube ja...", sagte meine Freundin nach einigem Zögern unsicher. "Nun, wir wollen nicht lange um den heissen Brei herum reden", fuhr nun ein anderes Jury-Mitglied fort, "deshalb frage ich sie ganz konkret: Haben Sie schon Nacktszenen gespielt?" "Bisher nicht", antwortete meine Freundin wahrheitsgemäss. "Nun, das müssen viele der ...
    ... Schauspielenden unserer kleinen Truppe früher oder später. Können Sie sich denn überhaupt vorstellen, nackt aufzutreten?" "Nun... ich denke schon, wenn das Drehbuch es verlangt...", hörte ich meine Freundin langsam antworten. "Das wird es früher oder später bestimmt, wie die Erfahrung zeigt. Und da ist es einfach wichtig, dass man als Schauspieler bwz. -spielerin keine Hemmungen hat, denn das merkt das Publikum sofort." "Ja, das ist mir klar." "Und sie verstehen sicher, dass wir uns dessen versichern wollen, bevor wir ein neues Mitglied einstellen." "Ja, das verstehe ich." "Gut. Ich weiss, dass dies wahrscheinlich nicht angenehm ist, doch es ist bestimmt auch in ihrem Interesse, nicht dass sie im Ernstfall unerwartet vor diese Situation gestellt würden. Wenn wir Sie nun schlicht und einfach freundlich bitten dürften, einmal alle ihre Kleider abzulegen." "Du kannst deine Kleider in diesen Wäschekorb legen. Du wirst sie für den weiteren Verlauf des Castings nicht mehr benötigen", sagte jetzt die junge Assistentin warmherzig. Endlich wusste ich, wozu dieser fast schon mysteriöse Wäschekorb diente!
    
    Ich konnte meine leer Freundin schlucken hören, doch sie wusste, dass sie, wenn sie ihre grosse Chance wahrnehmen und in Zukunft an diesem Theater spielen wollte, jetzt keine Wahl hatte. Langsam legte sie Stück für Stück ihrer Kleidung ab, bis sie schliesslich splitterfasernackt, wie sie auf die Welt gekommen war, vor dieser mehrköpfigen Jury stand. In der Folge musste sie unter den ...