1. Splitternackt (3) Die Karibik


    Datum: 27.04.2019, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym

    ... Bäumen und den letzten Hütten vor mir sehe ich plötzlich einen weißgestrichenen Mast hochragen. Ein Segelboot, gar eine Yacht? Vielleicht kann ich da unterkommen? Weg von hier, irgendwie weg! Alles andere ist mir jetzt ganz egal. Auch, dass ich gar nichts an habe, ist mir jetzt völlig zweitrangig. Ich hoffe nur noch Eines: ‚möge es sich bei dem Besitzer um einen zivilisierten aufgeklärten Menschen handeln, dem ich mich verständlich machen kann’. Ich weiß, warum ich abergläubisch bin: Immer, wenn die Not am allergrößten ist, dann kommt unerwartet Hilfe.
    
    „Na, junge Frau, unterwegs zum Voodoofestival? Der Voodoo-Feiertag war doch schon am 10 Januar. Aber ihr Loa-Agwe-Kostüm ist wirklich so täuschend echt, dass ich vor ihnen mächtig Angst hätte, wenn ich ein Einheimischer wäre. “
    
    Da steht ein junger vollbärtiger Mann an der Bugreling seiner ziemlich heruntergekommen großen, ehemals weißen Segelyacht und schaut mich neugierig an. Hat der mich nicht gerade auf Deutsch angeredet? Ich kann es kaum glauben. Ich renne über das kurze schmale Brett auf sein Boot und auf ihn zu, falle ihm um den Hals und knutsche ihn heulend ab, als wäre er mein wiedergefundener Liebhaber. Dass ich dabei meine nackten Titten an seiner haarigen Männerbrust platt drücke, das stört mich jetzt überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil. Ich will da gar nicht mehr weg. Dann frage ich aber doch neugierig geworden: „Loa Agwe? Das habe ich auch eben gerade gehört. Wer ist denn das?“
    
    „Ach, Loa Agwe? Das ist hier ...
    ... bei den Voodoo-Gläubigen die Botin des Totenreiches. So etwas, wie bei uns in Deutschland der Gevatter Tod. Sie wacht über die Zombies und holt angeblich die Todgeweihten ab ins Reich der Ahnen. Wer ihr am hellen Tage begegnet, wird entweder bald zum Zombie oder er stirbt in der dritten Nacht danach. Die Leute hier glauben jedenfalls daran. Leider muss ich auch daran glauben, obwohl ich aufgeklärt bin. Sie verstehen es nämlich, ihren Glauben auch praktisch durchzusetzen. Sogar die Polizei hat vor ihren Priestern und Priesterinnen mächtige Angst.“
    
    „Und wie sieht sie aus, diese Loa Agwe?“
    
    „Gehe doch einfach in die Heckkajüte und schaue da in den Spiegel, dann siehst du sie. Ihr Körper ist nackt und schneeweiß, ihre Haare sind brandrot und ihre Augenhöhlen, ihr Mund und ihre Brüste sind mit Blut beschmiert. Bei den Voodoo-Kulttänzen malen sie oft eine Frau mit weißer und roter Farbe so an, aber bei dir wirkt es absolut täuschend „natürlich“ und echt.“
    
    Ich denke kurz darüber nach, dann wird es mir auch klar. Ich brauche keinen Spiegel mehr. „Und wer bist du? Kommst du aus Deutschland?“
    
    „Ich heiße Mike Jansen, komme aus Rostock in Ostdeutschland und liege hier seit drei Monaten fest. Und du?“
    
    „Wie schön, ich auch, seit heute! Kannst Desiree zu mir sagen, oder meinetwegen auch einfach Demmi. Da sitzen wir jetzt also beide hier fest. Was wird jetzt?“
    
    Mal sehen, was man da machen kann. Zwei schaffen mehr als Einer oder Eine.
    
    Anhang:
    
    Aus meiner Hamburger Zeit: ...
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