Zwei Schwestern
Datum: 01.05.2019,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
Autor: byswriter
... sich zu erheben und blieb liegen.
Sein Blick fiel auf ein Gewässer, das friedlich zwischen den Bäumen inmitten einer Lichtung ruhte. Wie gerne würde er sich am See erfrischen, seine müden Glieder im Wasser entspannen. Er wusste, er konnte den Weg bis zu der ersehnten Abkühlung nicht hinter sich bringen. Er schloss die Augen und stellte sich vor, in das kristallklare Wasser einzutauchen. Sich zu erfrischen, sanfte Schwimmzüge zu vollziehen und sich treiben zu lassen. Er würde sich im Wasser auf den Rücken drehen und den Himmel betrachten. Es wäre bestimmt friedlich und beruhigend. Danach sehnte er sich. Er öffnete die Augen nicht mehr, denn sein Tagtraum war viel schöner als die düstere Wirklichkeit. Hier bleibe ich, dachte er und verweilte in Gedanken am See, der seine letzte Heimatstadt sein sollte. Seine Atmung verlangsamte sich, sein Herz schlug leise und regelmäßig. Er schlief ein und glaubte, in diesem Leben nicht mehr zu erwachen.
Als er aufwachte, erschrak er. War der schöne Traum vorbei? Wo befand er sich? Er öffnete die Augen. Über ihm war weder Wald noch Himmel. Er hatte ein Dach über sich, das von Menschenhand errichtet wurde. Er befand in einem Gebäude. Er lag auf einem Bett. Es sah nicht aus, wie in einem Schlafraum. Eher wie ein einer Scheune, ohne jeglichen Komfort. Der Geruch nach Tieren stieg in seine Nase. Er versuchte sich aufzurichten, sank aber sogleich auf die Matratze zurück. Sein Kopf dröhnte, er fühlte sich erschlagen. Was war mit seinem Bein? ...
... Er schlug die dünne Decke zur Seite und erkannte, dass er nackt war. Wo war seine Kleidung und wer hatte ihn ausgezogen? Sein Blick fiel auf das verletzte Bein. Es sah schlimm aus. Unterhalb des Knies war das Bein dick geschwollen. Dort, wo der Schuss eingedrungen war, nahm er einen dicken Verband wahr. Die Wunde pochte und schmerzte, aber sein Bein war ihm geblieben. Er hatte etliche Kameraden in Lazaretten angetroffen, denen man die Gliedmaßen abgenommen hatte. Dieses Schicksal würde ihm nicht zuteilwerden.
Wer hatte ihn gefunden und ihn medizinisch versorgt? Er lauschte in die Stille seiner Behausung. Es waren keine Schüsse mehr zu hören. Der Wind wehte in den Blättern der Bäume, er glaubte, das Wiehern von Pferden zu hören. Erneut musterte er seine Umgebung. In einer Ecke lagen Strohballen auf dem Holzboden, Zaumzeug hing an einer Wand. Durch eine Öffnung in einer Wand fiel helles Tageslicht herein. Der Raum, in den man ihn verfrachtet hatte, war groß aber spärlich eingerichtet. Befand er sich auf einem Dachboden? Auf einem Holzschemel stand ein Krug mit Wasser, daneben befand sich ein Glas. Nirgendwo konnte er seine Sachen finden. Wo war seine Uniform? Wo das Gewehr, auf das er sich während seiner Flucht gestützt hatte, bis er vor Schmerzen und Schwäche nicht mehr weiter konnte? Er wollte sich aufrichten, kam aber nicht weit. Als er ein Bein aus dem Bett heben wollte, spürte er den Widerstand.
Das Klirren der Ketten bestätigte ihm seine Gefangenschaft, bevor er das ...