Zwei Schwestern
Datum: 01.05.2019,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
Autor: byswriter
... Metall sah. Er zog die Decke vollständig zur Seite und nahm den Eisenring wahr, den man um sein gesundes Fußgelenk gelegt hatte. Dieser war mit einer stabilen Kette an einem weiteren Ring an der Wand neben ihm befestigt. Er war ein Gefangener. Ein Gefangener von wem? Vom Feind? Warum lebte er noch? Warum befand er sich nicht in einem Feldlazarett, wohin man die Verwundeten üblicherweise brachte?
„Wie bin ich hierhergekommen?", ging es ihm durch den Kopf. Er hörte ein Knarzen und Scharren und versuchte die Quelle des Geräusches ausmachen. Sein Blick fiel auf den Boden, keine fünf Meter vom Bett entfernt. Eine Luke öffnete sich und fiel geräuschvoll auf den Holzboden. Staub und vereinzeltes Stroh wurden aufgewirbelt. Er hielt die Lukenöffnung im Blick und hielt den Atem an. Kurz darauf schob sich ein Kopf durch die Öffnung.
Er glaubte zu träumen, als er die engelsgleichen Züge des Wesens wahrnahm, das sich durch die Luke schob. Es trug ein weißes Kleid, langes, blondes Haar fiel lockig auf seine Schultern. Die junge Frau in dem dünnen Sommerkleidchen war bildhübsch. Er schätzte sie auf kaum älter als zwanzig, vielleicht war sie jünger. Sie hatte eine schmale Figur, kaum nennenswerte Brüste, sie wirkte beinahe zerbrechlich. Sie warf barfuß. Der Gefangene verfolgte, wie sie die Luke im Boden hinter sich schloss, sich umsah und sich dann zu einer Kommode in einer Ecke des Raumes begab. Sie setzte sich schwungvoll darauf und betrachtete den Mann auf dem Bett. Sonnenlicht ...
... fiel durch ein kleines Fenster an der Wand auf ihr Gesicht, sodass sie blinzeln musste.
„Wie heißt du?", fragte John neugierig.
Die junge Frau antwortete nicht sogleich. Sie musterte den Gefangenen neugierig, taxierte seinen freien Oberkörper und antwortete dann leise: „Ich bin Amy."
Ihm gefiel der Name. Ihm gefiel das Mädchen. War Amy in der Lage, ihm seine Situation zu erklären? „Warum bin ich hier und aus welchem Grund bin ich angekettet."
„Zu deiner und unserer Sicherheit", antwortete sie. Ihre Stimme hatte einen angenehmen Klang. Sie blickte sich um, kratzte sich am linken Arm und musterte ihn erneut. „Wie ist dein Name?"
„Mein Name ist John ... Wer hat mich hierher gebracht und versorgt? Dein Vater?"
„Mein Vater ist im Krieg. Wir haben ihn seit vielen Monaten nicht mehr gesehen."
„Wer ...?"
„Meine Schwester und ich."
„Wo bin ich? Lebt ihr alleine hier?"
„Du bist auf einer Farm. Wir haben dich einige Meilen von hier im Wald gefunden. Es ging dir nicht gut und meine Schwester hat beschlossen, dich mitzunehmen und gesund zu pflegen."
„Dafür bin ich euch dankbar. Habt ihr meine Verletzung behandelt?"
„Davon weiß ich nichts. Ich kenne mich nicht mit medizinischen Dingen aus ... Auf welcher Seite hast du gekämpft?"
„Für die Richtige", erklärte John und erkannte im nächsten Moment, wie unzulänglich seine Antwort war.
„Hast du Soldaten getötet?"
„Viel zu viele."
„Wie war es? Was hast du dabei gefühlt?"
„Es war schlimm. Niemand ...