Zwei Schwestern
Datum: 01.05.2019,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
Autor: byswriter
... sollte das tun", erklärte John.
„Ist das der Grund, warum du vom Schlachtfeld geflohen bist?"
Er hörte es nicht gerne, doch die junge Frau hatte recht. Er war geflohen und hatte sich dem Kampf nicht gestellt. Er hatte nicht an die Sache geglaubt, sondern nur an sein Leben und an seine Familie gedacht. „Ich bin nicht stolz darauf. Jeder tote Soldat ist einer zu viel. Ich wollte keiner von denen sein."
„Bist du verheiratet?"
Der Themenwechsel überraschte ihn. „Auf mich wartet zu Hause eine Familie. Eine Mutter und eine Schwester. Was ist mit dir? Hast du einen Freund?"
„Meine Schwester sieht es nicht gerne, wenn ich mich mit Männern unterhalte."
„Gilt das auch für mich?"
„Besonders für dich", bestätigte sie mit einem schiefen Grinsen.
John fragte sich spontan, ob Amy ihn nackt zu Gesicht bekommen hatte. Warum besuchte ihn das Mädchen? War es die Neugierde, wie der fremde Soldat aussah, woher er kam oder wer er war?
Ihre Blicke wanderten gleichzeitig auf die Bodenluke, unter der das Geräusch von stapfenden Füßen hörbar wurde. Sie sahen einander an und Amy sprang von der Kommode. „Meine Schwester."
Im nächsten Moment ging die Luke auf und eine blonde Frau hievte sich nach oben. Sie hatte ein Tablett mit einem Teller und einer Tasse bei sich und stellte dieses auf den Boden. Als sie sich aufrichtete, sah John sie fasziniert an. Sie war älter als Amy, aber nicht minder schön. Sie hatte ihr Haar zu einem Zopf gebunden, der ihr über die linke Schulter ...
... fiel. Die Ähnlichkeit zu Amy war nicht zu übersehen. Ihre Kleidung war zweckmäßig, nicht schick. Sie trug ein grünes Kleid mit einer Schürze darüber. Sie warf Amy einen tadelnden Blick zu und deutete mit einem Kopfnicken auf die geöffnete Luke. Amy zog die Schultern hoch und befolgte die Aufforderung. „Wir sehen uns, John."
Dann war sie auch schon durch die Öffnung verschwunden.
Die andere Frau hob das Tablett auf und näherte sich dem Bett. John verfolgte jede ihrer Bewegungen. Sie stellte das Tablett auf einen Schemel und hielt gebührenden Abstand zu dem Gefangenen. „Wie geht es Ihnen? Was macht Ihr Bein?"
„Es schmerzt und juckt ... Haben Sie mich verarztet?"
Sie nickte. „Wir haben Sie gefunden und hierher gebracht."
„Dafür danke ich Ihnen. Mein Name ist John."
Sie musterte ihn skeptisch und schien zu überlegen, ob sie sich ihm vorstellen sollte. „Mary."
„Ich danke Ihnen sehr, Mary ... Wie haben Sie mein Bein versorgt?"
„Ich habe die Kugel entfernt und eine Salbe aufgetragen. Ihr Bein hat sich entzündet, aber es wird wohl wieder werden."
„Warum bin ich hier gefangen?"
Sie fasste in ihre Schürze und zog Verbandsmaterial hervor. „Ich muss Ihren Verband wechseln. Ziehen Sie bitte die Bettdecke von ihrem verletzten Bein."
John hatte realisiert, dass sie seine Frage nicht beantwortet hatte. Er tat wie befohlen und legte das verwundete Bein frei. „Haben Sie mich ausgezogen, Mary?"
Mary näherte sich dem Bett und achtete darauf, John nicht zu nahe ...