1. Lydia 01


    Datum: 21.05.2019, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byrokoerber

    ... Stimme durch die Leitung.
    
    „Augenblick!", knurrte Ingo und presste das Telefonmikrofon an seine Brust. „Schade mein Herzchen", flüsterte er zu Lydia. „Wir werden zum Cocktail erwartet."
    
    „Macht nichts", erwiderte Lydia lächelnd. „Das Bett läuft uns ja nicht weg -- obwohl ich schon Lust hätte. Mehr als auf 'nen Hahnenschwanz."
    
    „Gut, dann gehen wir halt", murrte Ingo, nahm den Telefonhörer wieder ans Ohr und sagte: „Okay -- wo und wann?"
    
    „In einer halben Stunde unten in der Halle. Ich erwarte sie dort", antwortete die angenehme Stimme.
    
    „Auf, Tempo!", seufzte Ingo. „In 'ner halben Stunde werden wir erwartet."
    
    „Auch gut", grinste nun Lydia. „Aber zuerst muss der da beruhigt werden. Du kannst ja nicht mit so 'nem Steifen zum Cocktail."
    
    Ingo wurde in zehn Minuten erleichtert. In weiteren zwanzig Minuten wurde sich angekleidet, mit fünf Minuten Verspätung waren die Ehrengäste unten.
    
    Jetzt war es allerdings an Ingo, fast einen Schock zu bekommen. Die Anruferin Amara glich Lydia wie eine Zwillingsschwester.
    
    Die Erkenntnis
    
    Sich mal für einen Abend nett anziehen zu müssen, hatten Lydia und Ingo schon vorgesehen, als sie ihre Koffer packten. Dass es so vornehm zugehen würde bei einer simplen Cocktailparty, hatten die beiden sich allerdings nicht gedacht. Jedoch der Verlag, bei dem Ingo den ersten Preis gewann -- dem Luxusaufenthalt in diesem griechischen Luxusressort - ließ sich die Chance nicht entgehen, ordentlich Werbung mit dem Gewinner zu machen. Der ...
    ... Direktor des Hotels nicht minder. Die Gäste, die bereits im Ressort nächtigten, knabberten offensichtlich auch nicht gerade am Hungertuch.
    
    „Könnte es sein, dass wir hier etwas deplatziert wirken?", flüsterte Lydia in einem weniger beobachteten Moment Ingo ins Ohr. Geschickt täuschte sie dabei einen hingehauchten Kuss vor.
    
    „Wir mögen vielleicht etwas jung wirken in dieser Schar von angehenden Rentnern", flüsterte Ingo zurück, „aber irgendjemand muss ja auch die Jugend vertreten." Er begnügte sich jedoch nicht mit einem Hauch von Kuss; er nahm Lydia fest in die Arme und küsste ihr vehement auf den Mund.
    
    „Oh", stöhnte Lydia begeistert und flüsterte leise: „Ich wollte, dieses Theater sei schon vorbei und wir könnten ins Bett. Ich bin hundemüde", relativierte sie ihr Begehren dann jedoch.
    
    Dann war es soweit, es wurde zum festlichen Abendessen gebeten. Wieder bekamen die beiden den Ehrenplatz angewiesen. Inzwischen hatten sie sich jedoch fast schon daran gewöhnt und genossen das wirklich fürstliche Mahl. Erst kurz vor der Nachspeise fiel Ingos Blick wieder auf Amara, der jungen VIP-Betreuerin des Hotels, in der er fast die Zwillingsschwester von Lydia zu erkennen glaubte.
    
    „Kennst du eigentlich Amara?", fragte Ingo Lydia, fast etwas zu nebensächlich.
    
    „Welche Amara?", kam prompt die Rückfrage.
    
    „Na die VIP-Betreuerin, die dir so ähnlich sieht."
    
    „Ähnlich sieht?", war Lydia verblüfft. „Das finde ich aber nun gar nicht. Gegen die bin ich ja nur 'ne graue Maus!", ...
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