Treibjagd (4)
Datum: 10.06.2019,
Kategorien:
Medien,
Autor: Anonym
Treibjagd 4 (Sodom und Gomorra)
Ich stehe allein im weitläufigen Mahlwerk der Wassermühle. Ich blicke mich um, um die Situation einschätzen zu können. Rundherum seltsame Kästen, Trichter, Rüttelsiebe , Rohre und Schubfächer. Auf dem Boden liegt ein Stapel prallgefüllter Säcke. Links von mir ist ein angelehntes Fenster zum Mühlteich hin, aber ich befinde mich weit oben im 2. Obergeschoss. Die Fesseln sind nicht mehr einschneidend, durch die dazwischen liegenden Papierservietten auch nicht mehr schmerzhaft, aber dennoch fest.
Die Tür ist jetzt zu, aber wenn sie offen ist, dann kann ich direkt nach unten auf die tafel blicken, Und sie können mich von unten dann auch sehen.
Wie komme ich hier nur raus?
Einfach losmachen und fliehen wird nach den Schüssen im Wald auch nicht mehr von mir ins Kalkül gezogen. Zu riskant. Ich müsste sie alle irgendwie ablenken, und mich selbst unkenntlich machen, aber wie?
Ich bin nackt! Noch wiedererkenntlicher geht es gar nicht.
Jetzt kommt jemand die Treppe hoch. Saubere, fast neue Jägeruniform, Alter so um die Mitte der Vierziger, blondhaariger smarter Typ. Nur sein Blick ist etwas unsicher. Er versucht, geflissentlich an mir vorbei zu sehen. Ein höflicher Mensch.
„Äh, hmm, also…Junge Frau, ich möchte mich hiermit in aller Form bei Ihnen entschuldigen, für das, was Ihnen die beiden Treiber und Dr.Zuche angetan haben. Glauben Sie mir, ich habe selbst nicht das Geringste damit zu tun.“
„Schön für Sie. Dann können Sie mir ...
... doch bestimmt auch helfen? Bringen Sie mir etwas zum Anziehen, binden Sie mich los und bringen Sie mich raus hier, am besten hinten, über den Sacklift. Damit haben wir schon als Kinder hier herumgespielt, da könnte ich mich reinzwängen, das würde gehen. Oder rufen Sie auf ihrem Handy die Polizei an, damit die mir helfen kann!“
Der smarte Typ zieht eine Mine, wie ein Pfandleiher, der an ein armes altes Mütterchen für ein altes Radio kein Geld mehr herausrücken will.
„Das ist leider nicht so einfach, wissen Sie. Der Herr Richter Rietscher hat nämlich beste Chancen auf den Posten des Landes-Justizministers. Ich bin Staatsanwalt und dann wäre er mein Vorgesetzter und hätte die Macht, mir meine bisher gute Laufbahn zu versalzen. Ich habe ihm Loyalität schwören müssen. Ja, wenn Sie hinreichende Beweise gegen ihn persönlich hätten, dann wäre das etwas ganz anderes, dann würde ich sehr gerne vehement die Anklage gegen ihn führen. Aber die beiden Zeugen sind ja leider…“
Hier bricht er schnell ab und wird erst rot und dann bleich.
„Ach übrigens: Der Herr Richter Rietscher hat alle Handys vorhin einziehen lassen, damit bis morgen keine Spuren und Beweise mehr gefälscht oder verwischt werden können, wie er sagte. Es geht wirklich nicht.
Aber, wenn Sie freikommen und wirklich stichhaltige Beweise für seine Mitschuld finden sollten: Hier ist meine Karte. Oh! Ich weiß nicht, wo ich sie Ihnen schnell und unauffällig einstecken soll…“
Dabei glotzt er mir schon eine ganze Weile ...