1. Treibjagd (4)


    Datum: 10.06.2019, Kategorien: Medien, Autor: Anonym

    ... anzusehen, schauen nur ängstlich auf Ines.
    
    „Du wirst mir gar nichts mehr erzählen, du gemeine Mörderin! Jens-Eugen war nämlich mein Schwager. So, nun weißt du es! Bei uns in der Truppe hast du dich ja schon seit Monaten nicht mehr blicken lassen. Warst dir wohl zu fein für uns, was? Aber mir wolltest du verbieten, ein echtes lebendes Huhn zu opfern bei der Satansanbetung! Du mit deiner blöden Tierschutzmanie! Dich hätten wir besser gleich rausschmeißen sollen.
    
    Aber, was das schlimmste ist: Nie werde ich dir vergessen, dass du dem Fernseh-Team von RTL2 einfach, ohne uns zu fragen, den Termin abgesagt hast. Hast du eine Ahnung, wie lange und wie oft ich meinen Besentanz eingeübt hatte? Meinen nackten Tanz im Feuerkreis auf dem Besenstiel? Du hast ja gar keine Ahnung! Ich könnte jetzt ganz oben sein, im Fernsehen und in der Werbung. Um ein Schweinegeld hast du mich gebracht. Mit dir bin ich für immer fertig. Schmore mal hier schön weiter, bis sie dich einknasten. Viel Spaß, du Sau!“
    
    Puh! Alles klar. Mir läuft ein eisigkalter Schauer über den Rücken.
    
    Ex-Freundin Ines entschwebt, die Treppe hinunter. Mit ihr die Delegation.
    
    Wenigstens war ihre letzte Beleidigung für mich das genaue Gegenteil, aber das weiß sie ja nicht. Nichts und niemand kann jemals so hasserfüllt, so gemein und so hinterfotzig bösartig sein, wie eine Ex-Freundin. Das wusste ich zwar vorher schon, aber dieses Mal betrifft es leider mich selbst.
    
    Hoffnung ade.
    
    Der Dicke ist auch weg. Seine ...
    ... Ablösung ist jetzt da. Ein blasses schüchternes langes Männeken, das mir wie eine schief aufgehängte Augen-Pendeluhr ständig abwechselnd auf Titten und Möse starrt. Mund offen und Zunge fast draußen. Das ist mir jetzt aber völlig egal. Ich bin erst einmal total am Boden zerstört.
    
    Was nun?
    
    Unten im Saal hat der DJ aufgelegt und es wird wild herumgetanzt, gekichert und gegrölt.
    
    Anzügliche, deftige blut- und saftstrotzende Jägerlieder, in denen immer wieder ein wilder Jäger ein scheues nacktes Reh erst beglückt und dann leider totschießen und aufspießen muss, oder auch umgekehrt. Oder: „In einem Polen-Städtchen, da wooohnte einst ein Mädchen. Sie waaar soooo schön! Sie war das allerschönste Kind, dass maaan in Poolen findt, aber nein, aber nein sprach sie, ich küsse nicht!“ Es ist schon hart an der Grenze für mich und meine momentane Leidensfähigeit.
    
    „Bist du wirklich so nackig im Wald herumgelaufen?“ Das dünne Stimmchen von dem Langen Lulatsch weckt mich aus meiner depressiven Brüterei schwerer Gedanken.
    
    Ob ich ihm jetzt einrede, dass Hannes und Jens-Eugen mich gewaltsam ausgezogen hätten?
    
    Nein. Ich mache mich doch nicht mit diesem verlogenen Haufen auch noch gemein.
    
    „Ja, und? Was ist denn da dabei? Ist das verboten?“
    
    „Nee, aber ich habe mir gerade so gedacht, was wäre, wenn ich dich da so gefunden hätte.“
    
    „Ja, und? Was wäre denn da gewesen? Sag es mir doch.“
    
    Ich weiß ja, was da gewesen wäre. Marga hätte ihn in die Flucht gejagt. Gerade will ich ...
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