1. Mittwochnachmittag


    Datum: 04.08.2019, Kategorien: Hausfrauen Autor: bydie_sense

    ...und diese Geschichte schließt an die Erlebnisse aus "Mittwochmittag" an...
    
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    Ein halber Laib Brot, etwas Aufschnitt, Paprika, kaum noch Milch. Nicht sehr üppig. Improvisiere ich eben. Es muss ja nicht immer das ganz große Abendessen sein. Satt geworden sind noch immer alle, oder? Die Häuser der Nachbarschaft ziehen an mir vorüber. Ich sitze in einem roten Pickup. Auf dem Weg nach Hause, sehe konzentriert zum Beifahrerfenster hinaus und prokrastiniere. Indem ich im Geist unsere Vorräte zuhause durchgehe. Einkaufen wäre schon nötig. Ich habe es ehrlich versucht vorhin. Wer rechnet denn damit, dass...
    
    Puh, wahrscheinlich habe ich Glück gehabt.
    
    Der Typ hat mich zwar von der Straße gedrängt -- und so wie mein Fahrrad aussieht und meine Bluse, bin ich in hohem Bogen über den Lenker gegangen -- richtig verletzt habe ich mich aber nicht. Ok, Schmerzen habe ich schon. Gebrochen ist nichts. Einen kleinen Riss habe ich über dem Auge. Blutet nicht mehr. Bin weich auf der Wiese gelandet. Und zum zweiten Mal an diesem Tag ohnmächtig gewesen. Vormittags ist mir das mit ihm schon ab und zu mal passiert. Oh Mann, wie gut! Auf die Mittagsvariante kann ich verzichten. Obwohl, was ich in den wenigen Sekunden Blackout erlebt habe -- viele können es nicht gewesen sein --, passt normalerweise auch nicht in einen Mittag. Mir ist tatsächlich leicht schwindelig und für den Augenblick kann ich nicht sagen, ob das am Sturz liegt und daran, dass ich wohl doch mit dem Kopf ...
    ... aufgeschlagen bin oder ob mir noch immer die Geschichte zusetzt. Mit der Frau und dem Typen, der erst sie und dann mich... ich schüttle den Kopf.
    
    Konzentrieren. Sonst verliere ich die Kontrolle. Panik steigt in mir auf. Untertreibung des Jahres! Steigt auf? Ein Panikanfall erwischt mich so hart, wie mich fast der Laster erwischt hätte. Habe ich überhaupt noch die Kontrolle?
    
    Seit Monaten inzwischen nehme ich mir am Mittwochvormittag meine Auszeit. Mit dem Tuch und dem Handtuch und dem Ouvert und den Schuhen und ihm natürlich. Ich habe mich noch nie so lebendig gefühlt wie in diesen kurzen Stunden. Und so panisch danach. Nur mit der eisernen Disziplin der Supermum gelingt es mir, jedes Mal wieder zurückzukommen. In meinen Alltag. An den Herd und die Waschmaschine, in die Schule, auf den Sportplatz. Zu meinen Kindern und meinem Max. Ich schüttle den Kopf. Warum? Warum muss ich das tun? Weil ich es verdient habe? Scheiße.
    
    Ich liebe meine Familie. Die Kids sind anstrengend, aber super. Und Max? Er ist der Beste. Wir sind eine Bilderbuchfamilie in unserem Reihenhäuschen. Wir passen gut zusammen. Wir lieben uns. Perfekt! 166 Stunden die Woche. Warum? Was machen schon die zwei Stunden? Und die Momente, in denen sich die Bilder in meine Träume schleichen? Tags, nachts. Was wäre, wenn jemand es merken würde? Max? Oder die Kinder? Oder die Nachbarn. Mir wird kalt. Ich schließe die Augen. Das darf nicht sein. Ich muss aufhören. Ich werde aufhören. Atmen. Ruhig, ganz ruhig.
    
    Der Pickup ...
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