1. Wenn die Nachtigall erwacht 19


    Datum: 13.09.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: by_Faith_

    ... »Hallo.«
    
    Als Ms. Keens seine Stimme hörte, blickte sie auf und schaute ihn mit einem abwesenden Lächeln an. Rick zwang sich auch zu einem Lächeln, dann schaute er sich um. Ihr Zimmer stand voll mit fingergroßen Figuren aus Ton. Der Nachttisch, die Ablage über dem Bett, der Großteil des Bodens, der kleine Tisch und selbst das Fensterbrett, standen voll davon. Die kleinen Figuren hatten allesamt Gesichter, die mit einem Holzstöckchen eingeritzt worden waren. Ein kleiner Kreisbogen stellte einen lachenden Mund dar und für Nase und Augen hatte sie je einen Punkt in den Ton gedrückt.
    
    Nach einer bedrückend langen Zeit des Schweigens sprang Ms. Keens auf und begann, die Tonfiguren hektisch zu durchsuchen. Obwohl sie alle irgendwie gleich aussahen, schien sie eine bestimmte Figur zu suchen. Zweimal griff sie eine Figur und stellte sie wieder zurück. Beim dritten Mal war sie sicher und ging zu Rick, um ihm die Figur zu geben. Den Blumenstrauß, den ihr Rick reichte, ignorierte sie. Rick schaute sich die Figur an und so verrückt es klingen mag, er sah in den primitiv eingeritzten Gesichtszügen dieser Figur seinem Sohn Buck.
    
    »Darf Rick diese Figur behalten?«, fragte der Arzt mit einer Tonlage, in der man mit Kleinkindern spricht. Ms. Keens nickte eifrig mit dem Kopf, wie es Kleinkinder manchmal tun.
    
    Der Arzt schaute zu Rick und erklärte: »Sie können sich glücklich schätzen, diese Figuren verteidigt Ms. Keens wie einen Schatz, nicht einmal die Putzfrauen dürfen die Figuren berühren.«
    
    Dem Arzt war die kleine Träne in Ricks Augenwinkel nicht aufgefallen und er sprach ein paar Sätze zu Ms. Keens, die Rick nicht wahrnahm, weil er die kleine Figur in seiner Hand anschaute. Dann blickte der Arzt wieder zu Rick und erklärte: »Sie lebt in ihrer ganz eigenen Welt.«
    
    Rick lächelte verständig: »Das tun wir doch alle irgendwie.«
    
    ENDE
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