1. Weihnachten- ein fiktives Fest


    Datum: 06.10.2019, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym

    ... Pierre hinderte mich daran, denn inzwischen war es richtig dunkel und der Regen strömte rauschend vom Himmel, als ob er für das ganze Jahr das Wasser an einem Tag bringen wollte. Also saßen wir beim Schein einer Kerze und dem flackernden Kaminfeuer und erzählten uns ein Teil von unserem Leben. Ich erfuhr von seinem Sohn und der Schwiegertochter, den Enkeln und davon, dass er sie alle nur einmal im Jahr sehen würde, weil sie in Übersee lebten. Sohn und Schwiegertochter arbeiteten als Lehrer, die Enkel, ein Mädchen und ein Junge studierten in Australien und nun war eben sein letzter Verwandter, der Sohn seiner verstorbenen Schwester auch weg gegangen. Aber lächelnd betonte er, niemand ist in unserem Dorf allein, die Leute halten zusammen. Dies hatte ich ja auch schon bemerkt, viele kleine Begebenheiten zeigten es im täglichen Leben und die Leute hier hatten auch immer Zeit für einen kleinen Schwatz, sie nehmen sich auch die Zeit zum Leben, machen eben mal über Mittag ihre Geschäfte zu, genießen die Freuden des Tages und treffen sich auch nach Feierabend. Auch wenn sie hart arbeiten, leben sie nicht um zu arbeiten, sondern arbeiten um zu leben, so scheint es mir jedenfalls und wenn man die Friedhöfe besucht, so werden sie wohl auch sehr alt hier.
    
    Nach einigen Stunden zeigte mir Pierre die Kammer und mein Bett, wünschte mir eine gute Nacht und ging dann in seine Kammer. Lange lag ich noch wach, lauschte dem Regen und versuchte mir ein Leben hier oben vorzustellen. Irgendwann ...
    ... war ich eingeschlafen. Am nächsten Morgen weckte mich der Duft nach frischem Kaffe und die Sonne strahlte vom blank geputzten blauen Himmel. Nichts erinnerte an das gestrige Unwetter. Pierre wünschte mir einen guten Morgen, ich wusch mich an der altertümlichen Waschschüssel und schon kam das Frühstück. Brot vom Vortag, warme Milchsuppe und heißer Kaffe mit viel heißer Milch aus den großen Schalen, die man bei uns für Müsli verwenden würde. Gemeinsam wuschen wir noch ab und dann machten wir uns auf den Abstieg. Unterwegs kamen wir noch einmal auf das Angebot zurück und ich schlug ein. Pierre blieb stehen, seine Augen strahlten und er drückte mich an seine Brust, als ob ich sein Sohn wäre. Hättet ihr ihn gesehen, ihr hättet nicht geglaubt, dass neben mir ein fast achtzig Jahre alter Mann läuft. Schnurstracks ging es zum Bürgermeister, dessen Sohn Rechtsanwalt ist und hier besprachen wir die Einzelheiten. Erstaunlicherweise sprachen die beiden auch ein ausreichendes Deutsch und ich hatte keine Mühe, sie zu verstehen. Nach dieser Unterredung brachte ich Pierre zu seinem Häuschen und wir verabredeten uns für den nächsten Tag beim Bürgermeister und beim Anwalt.
    
    Der Vertrag war tatsächlich fertig, in Deutsch und Französisch ausgefertigt, wir unterschrieben ihn und ich zahlte tausend Euro an. Danach kam das Beste, der Bürgermeister hatte mir Arbeit verschafft und sogar einen Sprachkurs zum Erlernen seiner Muttersprache organisiert. Ich musste nur noch alle Verträge unterschreiben. ...
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