1. Omas Familiengeschichten Teil 02


    Datum: 17.10.2019, Kategorien: Erotische Verbindungen, Autor: bybumsfidel

    ... Avignon, eines der wenigen Kriegskinder, die nicht in Verdun und anderswo umgekommen sind."
    
    "Cigogne?", sinnierte Petra. "Das bedeutet doch Storch auf Französisch, oder? Deine Oma hat mit einem Franzmann rumgemacht? Im Krieg?"
    
    "Nicht im Krieg, das wäre nicht gut gegangen. Nein, weit danach. Schau mal, das Leben war damals nicht so einfach. Elisabeth war gerade 18 geworden, als der Erste Weltkrieg zu Ende ging. Deutschland hatte kaum etwas abgekriegt, jedenfalls da wo sie wohnte gab es keine Zerstörungen. Aber es gab auch nichts zu essen und keine Männer. Viele waren im Krieg umgekommen und die wenigen, die übrig blieben schwer verwundet oder zu alt für Betty. Über Jahre hat sie ihr Tagebuch mit verzweifelten Berichten gefüllt, mit denen ich Euch jetzt hier nicht langweilen will. Dann hatte es sie an den Rhein verschlagen, genauer gesagt in eine Stadt namens Neuss. Von dort gab es eine Brücke hinüber nach Düsseldorf, wo angeblich der Bär steppte. Dort gab es Kinos, Theater, Bars und Kneipen in Hülle und Fülle, wesentlich mehr und freizügiger als im bäuerlichen Neuss."
    
    Interessiert hörten die drei zu. In ihren Köpfen tauchten Bilder von Sodom und Gomorrha auf, doch davon war Düsseldorf weit entfernt, auch wenn es hier viel mehr Liebesdienerinnen gab als in anderen Stätten. Die Arbeitslosigkeit war hoch und selbst einige der wenigen Männer verdingten sich als Gigolos. In diesem Sumpf aus Armut, Hoffnungslosigkeit und wenig, häufig illegalem, Reichtum hatte Betty ...
    ... zusammen mit einer Freundin die Idee sich in einer Bar aushalten zu lassen. Sich mal so richtig zu betrinken und notfalls auch vögeln zu lassen. Doch sie kam nur bis zur Oberkasseler Brücke, dort hielten junge französische Soldaten sie auf und forderten den damals üblichen Brückenzoll.
    
    "Nun sollte man wissen", flocht Oma Anna ein wenig Geschichtsunterricht ein, "die Deutschen glaubten damals nicht an den verlorenen Krieg. Noch einen Monat vor Kriegsende hatte man ihnen versichert, die nächste Schlacht würde den Sieg bringen. Doch dann kam die Schmach mit dem Vertrag von Versailles, die unmöglich aufzubringenden Reparationsforderungen und schließlich die Besetzung des Rheinlandes durch die Franzosen, die ihr Geld haben wollten. In die Tagespolitik mischten sie sich nicht ein, trotzdem waren sie nicht gerade gern gesehene Gäste. (Anmerkung des Autors: Internet-Quelle Stadtarchiv Düsseldorf, Stadtchronik)"
    
    "Verdammte Besatzungsmacht", fluchte Betty, "stehlen uns unsere letzten Groschen."
    
    Sie rechnete nicht damit, dass einer der Männer sie verstehen würde.
    
    "Hättet halt den Krieg nicht verlieren dürfen", erwiderte einer nicht unfreundlich.
    
    Jacques war zwar in Avignon geboren worden, aber das war Zufall. Eigentlich kamen seine Eltern aus der Grenzregion und er sprach Deutsch ebenso gut wie seine Muttersprache. Er stammte aus einer Bauernfamilie und hatte gerade ein mehrere Kilos schweres Paket erhalten. Schinken, Wurst, Käse, Rotwein, alles Sachen, die Jacques unmöglich ...
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