Wehrlos Ausgeliefert Teil 02
Datum: 03.11.2019,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
Autor: bybougainville06
... ließ ich ihn gewähren. Minutenlang knutschten wir miteinander. Für uns beide war es wie ein erlösender Ausbruch unserer Gefühle. Es brannte sich tief in mein Hirn ein und wurde so zu einem unauslöschlichen Erlebnis."
Lautlos seufzte Monika schmachtend.
„Vollkommen verstört lösten wir unsere Umarmung und gingen, ohne ein Wort zu sagen auf unsere Zimmer. Oliver schnarchte laut, während ich noch im Nachtshirt vollkommen aufgewühlt auf der Bettkante saß. Es ratterte in meinem Hirn. Zum einen machte ich mir schwere Vorwürfe, andererseits erfüllte mich dieser Kuss mit einem sehr erregenden Gefühl. Ich wollte und konnte nicht schlafen. Ich musste mit Benjamin sprechen, musste ihm mein Verhalten erklären, das Ganze in das richtige Licht rücken. Doch....doch wie ging es weiter?"
Ihr Gedächtnis war wie leer. Die Erinnerungen an die Situation endeten hier. Als wenn ihr Lebensweg stumpf hoch oben am Rand einer Klippe enden würde. Vor ihr war nur noch die endlose Weite des Nichts, gefüllt mit leeren Erinnerungshülsen.
Verzweifelt versuchte sie sich zu erinnern, doch da war nichts.
Bei all ihren Erinnerungen merkte Monika, dass je näher sie an den Tag des Unfalles kam, die einzelnen Fakten immer schwerer zu orten waren. Waren die Erinnerungen an ihre Jugend oder die an ihre Hochzeit wie ein Spaziergang durch einen lichtdurchfluteten Buchenwald, so waren die jüngeren Ereignisse schon von einem dichten Nadelwald umgeben. Wollte sie die Ereignisse kurz vor ihrem Unfall ...
... rekonstruieren, waren diese Erlebnisse von einem nicht zu durchdringenden Dickicht geschützt. Es war wie verhext. Je näher sie dem Sturz kam, desto undurchdringlicher wurde ihr Gedächtnisspeicher. Sie wusste, und war sich auch sehr sicher, dass ihr Sturz in direktem Zusammenhang mit ihrem Sohn stand. Sie wusste aber nicht wie. Eines wurde ihr bei diesen Erinnerungen klar, dass diese Gedächtnislücke der Schlüssel aus ihrem Koma war.
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Der Rückschlag
Sie tauchte aus der Dunkelheit wieder in ihre gelebten Gedanken ein. Es war kein Geräusch, keine Stimmen, es war eine innere Unruhe, die sie erwachen ließ. Schnelle Rhythmen trommelten in ihrem Ohr. Unmelodische Rhythmen, die im wilden Wechsel von sehr schnell, über sehr langsam, wieder zu einem grenzenlosen Stakkato anschwollen. Um dann, nach einer sie quälenden, mit Angst gefüllten Pause, wieder in ein Rasen überzugehen. In ihr herrschten Angst und Unruhe pur. Doch dann kam wie aus dem Nichts dieses leichte Gefühl in ihr auf. Sie fühlte sich plötzlich so unbeschwert. Alle Gedanken, alle Bilder und Erinnerungen schrumpften, zerbröckelten, zerbröselten zu Sand. Sand, der, wie in einer Sanduhr, durch ein Loch unter ihr, ins Nichts verschwand. Immer weitere geistige Schranken, begrenzende Wände der Vorstellungskraft verschwanden so. Machte Platz, einer, ihr, in dieser Form noch nie, erlebten, Weite. Sie fühlte sich so frei und leicht. So leicht, dass sie den Boden unter ihren Füßen verlor. ...