Kristine: Die Audienz
Datum: 22.12.2019,
Kategorien:
Nicht festgelegt,
Autor: byblackpencil6
... unbekleidet vor der Oberin stand. Auch wenn sie sich vielleicht einiges dabei gedacht hätten. Trotzdem schob sich unwillkürlich vor Kristines inneres Auge das absurde Bild, dass sie nur in Kniestrümpfen und Häubchen daneben stünde, derweil die Klostervorsteherin Besucher empfing.
„Was ist? Willst du Wurzeln schlagen? Zieh das Kleid wieder an. Die Schürze kannst du weglassen."
Die Worte rissen Kristine aus ihren Gedanken. Obwohl sie harsch klangen, hörte Kristine doch den amüsierten Unterton heraus. Aus dem Augenwinkel sah sie den Anflug eines Lächelns um die Lippen der älteren Frau. Fast hatte sie den Eindruck, dass die Mutter Oberin ihr absichtlich erst hier befohlen hatte, sich auszuziehen, um ihr dabei zusehen zu können. Sonst hätte sie ihr ja gleich die Anweisung geben können, ohne Unterwäsche ins Arbeitszimmer zu kommen, um diese peinliche Situation zu vermeiden.
Hastig knöpfte sie das Kleid wieder zu. Die Oberin trat neben sie und zupfte ein paar Falten im Stoff zu Recht. Kristine fragte sich kurz, ob es Zufall war, dass die Hand ihrer Vorgesetzten dabei über ihre Brust strich, die sich ohne den Halt des Büstenhalters und den Schutz des Hemdchens direkt gegen den dünnen Stoff des Kleides drückte und sich deutlich darunter abzeichnete. Dann eilte sie der älteren Frau hinterher ins Freie.
Die Mutter Oberin saß selbst am Steuer des großen Autos und lenkte es zügig in Richtung der Kreisstadt, in der der Bischofssitz war. Sie hatte Kristine aufgefordert, sich ...
... auf den Beifahrersitz zu setzen. Als sie auf die Landstraße eingebogen waren, hatte die Oberin begonnen zu erklären, wie sie gedachte, den Bischof zu überzeugen. Kristine hörte still zu und bemühte sich, sich alles zu merken. Insgeheim hatte sie aber wenig Hoffnung, den mächtigen Mann auf ihre Seite ziehen zu können.
Nachdem sie im Bischofspalast angekommen waren, hatten sie kurz im Flur warten müssen. Ein kalter Luftzug hatte Kristine wieder bewusst gemacht, dass sie unter ihrem kurzen Rock nichts mehr anhatte, und sie fürchtete plötzlich, dass jeder, der sie ansah, dies sofort erkennen würde. Nervös drückte sie ihre Schenkel fest zusammen und schluckte mehrfach trocken, während sie in Gedanken den Plan der Oberin wieder und wieder durchging, um nichts zu vergessen. Sie war sich zwar bewusst, dass die andere Frau den Bischof kannte und mehr Lebenserfahrung als sie hatte, konnte sich aber trotzdem nicht vorstellen, dass sie den Kirchenfürsten dazu bringen könnten, ihnen zu helfen. Viel wahrscheinlicher war, dass er sie kurz anhören und dann empört aus dem Palast jagen würde. Trotzdem würde Kristine selbstverständlich ihr Bestes geben, um ihre Vorgesetzte nicht zu enttäuschen.
Schließlich führte sie ein Sekretär ins Amtszimmer, wo der Bischof sie persönlich empfing. Er war ein untersetzter Mann Anfang sechzig mit kurzem grau-schwarzen Haar. Statt der Würde, die Kristine erwartet hatte, strahlte er eher Unwillen und Ungeduld aus. Sein schwarzer Anzug war zwar schlicht ...