1. Vice Versa


    Datum: 06.01.2020, Kategorien: Medien, Autor: LaVie

    ... relativierte er.
    
    „Oh“, mehr fiel mir nicht ein.
    
    „Aber ich würde es nicht machen, wenn ich es nicht leidenschaftlich gerne tun würde. Es ist extrem spannend, wenn man hofft, dass etwas so klappt, wie man es sich wünscht. Aber man darf
    
    nie vergessen, dass es um Leistung geht. Wenn du die nicht bringst, bist du schnell weg. Nicht nur von deinem Fenster, sondern auch von denen der anderen. Sowas spricht sich rum!“, ergänzte
    
    er.
    
    „Das ist nicht gut. Ich bin froh, dass ich dem Druck nicht ausgeliefert bin. Ich hämmere Zahlen in den Computer und ob ich heute damit fertig werde, oder morgen, das ist egal. Ich bekomme
    
    mein Geld, gutes Geld, und kann mir schöne Dinge leisten“ Grinse-Smilie. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis, unserem Gespräch die Schwere zu nehmen.
    
    „Das ist doch schön!“, schrieb er zurück. Ja, ist es.
    
    Der Mann, der jedem Centimenter meines Körpers huldigt, mich vibrieren, weinen, lässt, und nur manchmal zustößt, um mich daran zu erinnern, dass zu normalem Sex eine Vagina gehört, nickte stumm, als ich ihm von meinem Ex-Freund berichtete.
    
    „Es ist ok. Es war keine glückliche Beziehung, aber“, meine Tränen versagten mir selbst die drei Punkte, die meine Zweifel verstärken sollen. Ich versuchte die Fassung zu wahren, aber es klappte
    
    nicht.
    
    „Das tut mir sehr leid. Heul dich aus.“, schrieb er. Wir waren an dem Punkt, an dem Lächel- Smilies nicht mehr helfen, das ganze vergrabene Elend unter dem Alltag empordringt und wie Lava
    
    jede ...
    ... Fröhlichkeit mit seiner steinernen Kruste bedeckt.
    
    „Er hat mir etwas vorgeheuchelt. Er hat mir gesagt, dass er mich liebt, obwohl er es nicht mehr tat. Ich wusste das. Und er hat nichts gesagt. Das ist so erniedrigend!“, wenn es einen
    
    'Weltuntergangs-Smilie' gäbe, hätte ich ihn mindestens dreimal dahintergesetzt.
    
    „Es geht vorbei. Alles geht vorbei. Die Liebe. Aber auch der Schmerz“, erklärte er, „Und jetzt nimm dein schönes Köpfchen hoch! Du kannst doch noch mehr als weinen!“
    
    „Dinge zertrümmern?“, fragte ich, und obwohl ich kein Emoticon verwandte, wusste er, dass es nicht ganz ernst gemeint war.
    
    „Menschen helfen.“, meinte er mit Nachdruck, „Ohne dich wäre mein Text noch nicht fertig!“
    
    „Danke, aber mir ist nicht nach helfen. Ich möchte mich verkriechen!“, fünf Minuten brauchte ich für den Satz. Ich war so kraftlos.
    
    „Verkriech dich. Aber komm morgen wieder hervorgekrochen. Du hast etwas, was nicht viele haben. Wenn er das nicht haben will, hat er Pech gehabt. Komm schon! Kopf hoch! Los!“, er lächelte. Er
    
    hätte meine
    
    Tränen weglächeln können, aber ich war gefangen in mir. Ich sah seine Worte, aber ich konnte sie nicht greifen. Immerhin: sie leuchteten!
    
    „Werde ich. Danke. Schlaf gut“, zwischen jeder Zeilen einen Absatz. Ich klappte den Computer zu und sah erst am nächsten Morgen ein „Schöne Träume“ und einen Grinse-Smilie.
    
    Der Mann, dessen Augen nass glänzen als er kommt, dessen Lippen vibrieren, während sein Lächeln festgetackert ist, der Mann, der mich ...