1. Der gelbe Punkt


    Datum: 09.02.2020, Kategorien: Sonstige, Autor: JohnDoe

    Mit hochrotem Kopf stürmte ich eilig in Adnans Zimmer. Die Uhr tickte. Der Akku meines Laptops hatte mich wiederholt gewarnt. Ehe er schließlich unter den letzten Reserven zu streiken begann. Wieder einmal, so vermutete ich zumindest, hatte sich mein werter Mitbewohner das Ladekabel meines Laptops "geliehen", so wie er es stets ausdrückte. Meiner Ansicht nach beschrieb "entführen" es in seinem Fall wesentlich treffender. Meine Vermutung war nicht ganz unbegründet. Immer wieder "lieh" sich Adnan alle möglichen Dinge von mir. Ladekabel, Kugelschreiber - selbst vor meinen Socken machte er neuerdings nicht mehr halt. Ich hatte alles versucht. Eine Zeit lang hatte ich sogar sämtliche gefährdeten Gegenstände mit einem kleinen gelben Aufkleber beklebt. Doch es wirkte nicht! Jegliche Grundsatzdiskusionen waren ohnehin vergebens gewesen. Deshalb musste ich nun auf meine Art zurückschlagen!
    
    Adnans Zimmer war gewohnt unordentlich. Auf dem Schreibtisch türmten sich Berge von schmutziger Wäsche, lose herumliegenden DVDs und Zeitschriften. Ob er die Farbe seines eigenen Schreibtisches wohl kennt, fragte ich mich selbstironisch. In meinen Gedanken konnte ich sehr zynisch werden, wenn jemand meine Pläne durchkreuzte. Hastig wühlte ich mich durch das Chaos auf seinem Schreibtisch. Arbeitete mich immer tiefer durch die hohen Berge wahllos aufeinandergestapelter Sachen. Doch bis hinunter zur Tischplatte war keine Spur von seinem Laptop. Lediglich eine Ausgabe "MeansHealth" fiel mir in die ...
    ... Arme. Der kurze Ansatz eines hämischen Lachens fuhr aus meinem Mund. "ha, ja genau!" murmelte ich ernüchtert vor mir hin. "Du lebst gesund, mein Lieber!". Es roch muffig in dem Zimmer. Die Rolladen waren zur Hälfte geschlossen und hüllten den ohnehin kleinen Schreibtisch in der hintersten Ecke des Zimmers in Dunkelheit. Doch ich hatte ohnehin mehr als genug gesehen. Als ich mich umdrehte, fiel mein Blick auf sein Bett. Die wärmenden Sonnenstrahlen schienen durch den offenen Teil des Fensters hell auf das weiße Bettlaken und erhitzten das stickige Zimmer. Zwischen einer der verquirrlten Decken ragte eine Ecke seines knallroten Laptops hervor. "Hab ich Dich!" redete ich vor mich hin und krabbelte zielstrebig auf das Bett. Vorsichtig schob ich die Decke ein wenig zur Seite. Das Ladekabel hing noch darin, der Stecker an der anderen Seite des verworrenen Kabels lag lose unter der Decke. Mit einem Ruck zog ich das Kabel heraus, riss es an mich und stürmte zurück in mein Zimmer. Mein Laptop lebte noch! "Halte durch, halte durch!" sprach ich hastig vor mir hin, während ich panisch das Ladekabel in meinen Laptop drückte und mich kurz darauf zu Boden stürzte, um das andere Ende des Kabels in die rettende Steckdose zu hämmern - geschafft! Ich atmete tief ein. Setzte mich wieder aufrecht hin und schnaufte tief durch. Unter der frischen Stromzufuhr schien mein Laptop endlich nicht mehr zu streiken und ich speicherte meine Arbeit. Erleichtert lehnte ich mich zurück.
    
    Mit einem in die Ferne ...
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