1. Panther 1


    Datum: 14.02.2020, Kategorien: CMNF Autor: Anonym

    ... Es sind keine Riesenameisen. Es sind kleinfingerdicke
    
    weiße Raupen. Maden scheint es. Sie sie sind zu Hunderten auf meinen Kratz- und Schürfwunden verteilt und fressen die verkrusteten Blutspuren meiner Sturzwunden in sich hinein. Das war also mein Traum. Ich ekele mich fürchterlich und wenn ich etwas im Magen gehabt hätte, dann würde ich jetzt hemmungslos kotzen. Mit spitzen Fingern und angeekelt versuche ich die Biester von meinem Bauch und von meinen Beinen und Armen wegzuschnipsen.
    
    „Nein! Lassen Sie das. Es wird ohnehin bald vorbei sein, aber es ist gut für Sie.“
    
    Neben mir steht plötzlich dieser Völkerkundler und Biologe,
    
    vom dem ich noch so gar nichts weiß.
    
    „Waas? DAS soll gut für mich sein? Die fressen mich doch auf, diese Viecher, und wer weiß, welches Gift sie noch so in sich haben! Und: WAS wird bald vorbei sein?“
    
    „Keine Sorge, junge Frau. Ganz im Gegenteil. Das sind die Maden von Blutfliegen. Sie sind sauberer als fast alles hier im Dschungel. Frisch aus dem Ei geschlüpft.
    
    Das verdanken Sie dem toten Piloten und dem kleinen dicken Mann, der sich den Hals beim Absturz gebrochen hat, weil er nicht angeschnallt war. Die Fliegen haben das Blut gerochen, sind gekommen und haben ihre Eier auf den Toten abgelegt. Als Sie dann gestern hier ankamen, wurden Sie auch gleich mit einbezogen. Die Maden desinfizieren ihre Wunden.
    
    Sie sondern ein Sekret ab, das alle Bakterien abtötet.
    
    Die Indianer verwenden sie anstelle von Penicilin und zur ...
    ... Wundheilung. Sehr erfolgreich. Haben Sie schon mal einen Indianer mit schlecht verheilten Wunden gesehen?
    
    Sie werden merken: in wenigen Tagen sind ihre Narben und Striemen spurlos verschwunden.“
    
    Ich habe überhaupt noch keinen Indianer gesehen. Ich bin zum ersten Mal in Südamerika.
    
    Aber ich ergebe mich jetzt geduldig in mein Schicksal.
    
    „Wirklich? Wer sind Sie eigentlich? Woher wissen Sie das alles?“ Ich höre widerstrebend damit auf, die dicken Maden wegzuschnipsen. Ein Gefühl der Erniedrigung bleibt aber. Ich bin doch schließlich noch lange keine Leiche! Dagegen ist die Tatsache, dass ich hier fast nackt vor diesem Mann herumliege ein Klacks.
    
    Jetzt geht dieser Mann neben mir auf die Knie, kommt ganz nahe an mich heran.
    
    „Oh, Entschuldigung! Ich bin Carl-Friedrich Rausch von der Universität in Mexiko City. Biologe und Völkerkundler, aber das wissen Sie ja schon, glaube ich. Brasilien und Amazonien sind meine Spezialgebiete. Schreibtische und Hörsäle sind mir ein Horror.
    
    Ich habe hier schon einige Jahre mit verschiedenen der letzten freien Indianerstämme zusammengelebt. Ich bin gerade wieder auf dem Weg zu ihnen.“
    
    „Sie waren gerade auf dem Weg.“ verbessere ich ihn lakonisch. „Übrigens: ich bin Priska von Hambach, Reisejournalistin.“ Das klingt jetzt ziemlich kleinlaut. So, wie ich jetzt hier herumliege, ist an mir nichts mehr von Adel. Gar nichts. Und mein Beruf ist hier und jetzt der nutzloseste Beruf der Welt.
    
    „Nein, ich bin es immer noch, auf dem Weg zu ihnen. ...
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