1. Unter ihrer Uniform


    Datum: 20.02.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byEmaSen

    ... gewahrte Wessels auch jetzt erst den schlanken, aber schon leicht in die Jahre gekommenen Mercedes, der quer gestellt den ganzen hinteren Parklatz blockierte. Hinter ihrer hellen Statuette war ihm die längliche schwarze Kontur gar nicht aufgefallen. Wie selbstverständlich ließen die beiden Frauen ihm den Fahrersitz, wobei in einem widersinnigen Einverständnis Johanna den Beifahrersitz enterte und Paneolus die Rückbank. Sollte er sich jetzt maskulin bestätigt fühlen? Eher unter Druck. Aber für solche Situationen war er ja ausgebildet.
    
    »Was ist denn überhaupt passiert?« fragte Wessels, während er den Motor anließ.
    
    »Was passiert ist? Jemand stiehlt die DNA-Ergebnisse aus Probsts Labor! Kein Alarm, kein Einbruch, kein nichts. Und vor Allem: keine Kopien! Wir verfolgen ihn -- Fahren Sie! B52! -- schon seit fast einer halben Stunde. Zum Glück ist er stupide genug, zu versuchen, bloß die Stadt zu umrunden, sonst könnten Sie ihre Verspätung an ihren verlorenen Dienstgraden abzählen!« Paneolus war sichtlich ihrer üblichen Contenance beraubt.
    
    Til bog in die Hauptstraße ein und folgte mit aufheulendem Motor der Ausschilderung zur Bundesstraße. Vor ihnen näherte sich eine rote Ampel mit einer wachsenden Fahrzeugschlange. »Wer ist an ihm dran?«
    
    »Am nächsten? Wachtmeister Heuschel.«
    
    Kommentarlos tippte Wessels Jörgs Leitnummer in das Bedienpanel des Funkgeräts, das mittels eines Clips am mittleren Armaturenbrett befestigt war. Er sprach lieber direkt mit Jörg als alle ...
    ... Wendungen der Ereignisse von seiner überkandidelten Kollegin über die Schulter geblafft zu bekommen. Für den Moment meldete sich aber nur statisches Rauschen. Als er wieder aufschaute auf die Straße, musste er seinen Fuß in die Bremsen stemmen, um das Heck des Fiats vor ihnen nicht zu Klump zu fahren. Ihre Hinterköpfe prallten in einer synchronen Koreografie zurück auf die Kopfstützen.
    
    Paneolus verbrachte die folgende Stille damit, das rote Licht der Ampel, das von vorne rechts in ihren Wagen reichte, mit dem Blick eines aufmüpfigen Geiselopfers zu durchbohren und dabei heimlich auf ihren perfekt manikürten Frenchnails zu kauen.
    
    »Frau Siewers, unter ihrem Sitz befindet sich die Signalleuchte. Setzen Sie sie bitte aufs Dach.« störte sie schließlich in das unterschwellige Wummern des Motors mit überdeutlicher Artikulation, als fürchte sie, vom Schweigen unterbrochen zu werden. Johanna kramte mit hörbarem Ächzen unter ihrem Sitz, den Nacken weit überbeugt, um ihren Fingern, die an den verkanteten Ecken des Blaulicht-Kartons herumdrückte, nachzuhelfen; die Ampel sprang indes auf grün, doch das Aufbrausen des Motors endete abermals abrupt vor der Haltelinie. Die Situation war absurd -- sie jagten einen flüchtigen Verbrecher, aber harrten mit schwelendem Nervenkostüm dem Zwang einer Ampel irgendeiner drittklassigen Unterführung, hinter der das Gewerbegebiet und die Autobahn begann. Außerdem, wie Wessels mit Stirnrunzeln auffiel, mussten Johanna und er erbärmlich nach Sex stinken. ...
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