1. Wildkatze


    Datum: 28.02.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byblackpencil6

    ... strauchelte, fiel mit wild rudernden Armen zu Boden und rollte etliche Meter den Hügel hinab. Dabei verlor ich meinen Helm und schürfte mir die Wange auf. Noch liegend warf ich Bein- und Armschienen von mir, damit ich schneller rennen konnte, sprang auf und stürmte auf die dunkle, Sicherheit verheißende Linie des Waldrandes zu.
    
    Offenbar war der Drache tatsächlich so hungrig gewesen, dass meine Hoffnung erfüllt worden war. Er hatte das Pferd verfolgt und sich vermutlich sofort über seine Beute hergemacht, was mir die notwendige Zeit erkaufte.
    
    Das Pferd gab ich gerne für mein Leben hin. Und auch die Satteltaschen mit meiner Ausrüstung, Bogen, Köcher und Pfeile, sowie der Schild waren ersetzbar. Ich hatte noch immer meinen Brustpanzer und mein Schwert und bis auf ein paar Kratzer und blaue Flecken meine Gesundheit. Entschlossen machte ich mich am Wasserlauf entlang auf den Fußmarsch zur nächsten menschlichen Siedlung, wo ich mir ein neues Pferd besorgen würde. Auf die ein oder andere Weise. Wie gesagt, ich hatte noch immer mein Schwert.
    
    Ein lautes Fauchen erschreckte mich. Reflexartig riss ich mein Schwert aus der Scheide und den linken Arm hoch, um meinen Kopf zu schützen, denn das Geräusch war von oben erklungen. Als kein Angriff folgte, sah ich mich genauer um und entdeckte in den Ästen über mir eine Wildkatze, die mich mit gesträubtem Fell anfauchte.
    
    „Haben wir uns gegenseitig erschreckt, was?", redete ich ihr gut zu, „weißt du was? Du tust mir nichts und ich ...
    ... tu dir nichts. Einverstanden?"
    
    Ich hatte gesprochen, um die Katze -- und mich selbst -- mit dem Klang meiner Stimme zu beruhigen. Aber irgendwie schien es mir, als habe sie jedes Wort verstanden. Ihr Fell glättete sich und sie sprang mit einem langen geschmeidigen Satz zu Boden. Nach ein paar Trippelschritten weg von mir drehte sie ihren Kopf zurück, sah mich an, peitschte mit dem buschigen Schwanz durch die Luft. Dann machte sie zwei große Sprünge und entwich ins Dickicht. Ihr gestreiftes Fell verschmolz mit dem Hell und Dunkel des Waldes und entzog sie meinem Blicken.
    
    Ich sah ihr nach und entdeckte in der Richtung, in die sie verschwunden war, einen schmalen Pfad durchs Unterholz. Nun, dieser Weg war so gut wie jeder andere. Oder sogar noch besser, da ich auf dem Wildwechsel schneller und leichter vorankam als durch das dichte Gestrüpp am Flussufer.
    
    Nach einer knappen halben Stunde sah ich das Glitzern einer Wasserfläche durch die Bäume schimmern und bald stand ich am Rande eines kleinen Waldsees, wo sich der Bach aufgestaut hatte. Während mich die letzten Büsche noch vor Blicken verbargen, entdeckte ich am Ufer ein Mädchen, das eine leise Melodie summte und aus den überreichlich am Wasser wachsenden roten und weißen Blumen einen Kranz flocht, den sie vermutlich auf ihre langen braunen Locken setzen wollte. Sie trug nur ein dünnes, ärmelloses Unterkleid, das ihre Formen verhüllte, aber sonnengebräunte Arme und lange Beine frei ließ.
    
    Ich trat ins Freie und wollte ...
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