1. Der Stick Teil 04


    Datum: 02.03.2020, Kategorien: Hausfrauen Autor: bytextschere

    ... womöglich im geheimen trieb? Natürlich wollte er. Peter setzte sich an den Tisch. Es war inzwischen kurz vor sieben in der Früh. Er machte sich einen Kaffee, ging wieder an den Esstisch und schlug das Buch auf:
    
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    Mein Leben droht aus dem Ruder zu laufen. Deshalb schreibe ich jetzt auf, was mir durch den Kopf geht. Vermutlich wird das wieder so ein Tagebuch, das nach drei Seiten aufhört und das man dann irgendwann auf dem Speicher wiederfindet. Aber egal. Ich muss es jetzt einfach aufschreiben, weil ich nicht weiß, wo das alles hinführt.
    
    Peter blätterte vor. Nein, das Buch war nicht nur auf den ersten drei Seiten beschrieben. Er war ein richtig durchgängig geführtes Tagebuch, wie es schien.
    
    Eigentlich weiß ich nicht mal, wie das alles angefangen hat. Ich erinnere mich zwar sehr genau an den Schlüsselmoment, seit dem mein Leben auf den Fugen gerät. Aber warum dieser harmlose Augenblick das Zeug hatte, zum Schlüsselerlebnis zu werden, das weiß ich nicht. Dafür müsste ich vermutlich Psychologin sein und mich selber analysieren, aber das mag ich nicht. Also fange ich nicht mit meiner Kindheit oder meiner Mutter oder meinem Vater an, mit ihren Tabus oder ihren Erziehungsversuchen zum Thema Sexualität, und auch nicht mit meinem bisherigen Liebesleben. Nicht mit der Frage, warum ich so bin wie ich bin. Sondern mit dem Moment vor knapp einem halben Jahr, der mein Leben verändern sollte, ohne dass ich es geahnt hätte:
    
    Ich bin Leiterin Trade Marketing in einem ...
    ... Lebensmittelunternehmen, das Fleisch- und Wurstwaren verkauft. Trade Marketing heißt: Mein kleines Team kümmert sich um die Kontakte zu den Händlern, das andere Team Customer Marketing kümmert sich um die Verbraucher. Wir sind ein mittelgroßes Unternehmen in einem Industriegebiet, mit anderen Firmen links und rechts. Eigentlich habe ich einen reinen Bürojob, Telefon, Mails, ab und zu eine Konfi, sehr selten Termine außer Haus, denn das macht der Vertrieb, die Key Accounter. An jenem Tag war ich runtergegangen ins Lager, wo wir zum Glück nicht produzieren (habe mir das Werk nach der Neueinstellung einmal angeschaut, danach war mein Bedarf gedeckt), sondern nur Proben und die Tiefkühlhalle haben. Wir stellen unter anderem Würste her, Knackwürste, Fleischwurst -- der ganze Kram.
    
    Jedenfalls war ich an jenem Tag im Lager, um mir die Muster für die Neugestaltung von ein paar Etiketten für Wurstgläser anzuschauen. Außer mir war niemand hier unten, bis ich hörte, wie die schwere Schiebetür am Eingang geöffnet wurde. Dazu muss man wissen, dass wir uns die Flächen mit ein paar anderen Unternehmen teilen, der Kosten wegen. Ich achtete also nicht weiter auf den Ankömmling, bis er mich grüßte. „Naaa." So gedehnt. Ich drehte mich um. Was für eine eloquente Begrüßung. „Guten Tag", lächelte ich. Er nickte. Es war ein alter Mann, um die 60, vermutlich der Lagerarbeiter eines unserer Nachbarn. Er wirkte ungepflegt, war dick und hatte die grauen, leicht fettigen Haare quer über den Kopf gekämmt. „Was ...
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