Das Kartenhaus 01
Datum: 14.05.2018,
Kategorien:
Hausfrauen
Autor: byCarmen44
DAS KARTENHAUS.
Ich wollte immer nur eine Hausfrau und Mutter sein. Doch es kam alles ganz anders.
Vor 44 Jahren wurde ich in einem Dorf geboren, das, wenn überhaupt, auf einer Landkarte nur als winziger Punkt markiert ist. Der Ortsname wird schon aus Platzgründen nur abgekürzt verwendet. Der volle Name beansprucht mit 19 Buchstaben einfach zu viel Platz auf einer Straßenkarte. Ich verzichte darauf, den vollen Namen des Ortes zu nennen.
Das Dorf liegt, wie die Einheimischen sagen, hinter „den 7 Hügeln". Wer zu uns wollte, musste sieben kleinere Auf-und Abfahrten auf einer mäßig ausgebauten Landstraße bewältigen. Um dann quasi in einer Sackgasse zu landen. Die umliegenden Dörfer sind von „O. a. w. W." nur noch über enge Landstraßen, die ausgebauten Felswegen ähneln, zu erreichen.
Ich wuchs ab dem 11. Lebensjahr bei meinen Großeltern auf. Meine eigenen Eltern hatten nicht die Zeit, sich angemessen um mich zu kümmern. Ihr Hof, das zahlreiche Vieh und das weite Ackerland beanspruchten sie vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Der Hof meiner Eltern war mehr als 60 km entfernt. Wenn es ihre Zeit zuließ, besuchten sie uns hinter den sieben Hügeln. Das waren die seltenen Momente, in denen ich meine Eltern zu Gesicht bekam.
Mir war das ganz recht. Oma und Opa waren wirklich tolerante und liebenswerte Menschen. Ich fühlte mich sehr wohl in ihrer Obhut.
Inzwischen lebte ich seit 8 Jahren bei meinen Großeltern. Und, wie die Bauernjungs immer wieder schleimten, habe ...
... ich mich zu einer „wahren Schönheit" entwickelt.
An sich gab ich nicht viel auf die Komplimente der Jungen. Für die war jede Frau schön, die nicht Quasimodos Zwillingsschwester ähnelte.
Ich nahm diese Lobhudelei lediglich zur Kenntnis und lächelte verkrampft dazu.
Irgendwann würde DER Mann für mich kommen. Ein blonder Ritter, der auf einem weißen Ross über die sieben Hügel ritt und mich freite.
Der kam eines Tages tatsächlich.
Nicht auf einem weißen Ross. Sondern mit einem Lieferwagen. Und erst recht nicht, um mich zu freien. Immerhin war er blond.
Dieter, mein zukünftiger Mann, kam in unser Dorf und versuchte, in dem kleinen und einzigen Krämerladen des Ortes seine Artikel zu positionieren.
Er war Handelsvertreter und klapperte einen Laden nach dem anderen ab, um seine Ware an den Mann zu bringen.
Bei Herrn Weiß, der den einzigen Krämerladen im Ort betrieb, schien er keinen Erfolg zu haben. Der hatte schon genug damit zu tun, seine bestehende Produktpalette zu verkaufen. Die Dorfbewohner kauften lieber in den Supermärkten der nahen Großstadt. Bei Herrn Weiß wurden nur die Dinge gekauft, die vergessen wurden. Kekse, Kuchen und Salzstangen gehörten ganz sicher nicht dazu.
Dieter war zu sehr Profi, um sich dadurch erschüttern zu lassen. Herr Weiß war sein letzter Besuch für diesen Tag.
Um sich den Heimweg zu sparen, quartierte er sich für die kommende Nacht in dem kleinen Gasthaus meiner Großeltern ein.
Dieter kam wenige Minuten, nachdem er sein ...