Vier Jahre Schweigen
Datum: 09.03.2018,
Kategorien:
Schwule
Autor: byRolf_Udo
Ich hatte ihn beobachtet, gesehen, wie er neue Frisuren, andere Styles seiner Kleidung, ausgetestet hatte. Sogar seine Sprache hatte sich verändert zu einem mir blöd vorkommenden Denglish. Ich wunderte mich, was mit Niklas in den letzten vier Jahren passiert war. Er war nicht mehr der Niklas, den ich seit dem siebten Schuljahr kannte. Was war passiert? Er war nicht mehr mein Freund, und ich war dennoch besorgt.
Normalerweise sollte mir das gleichgültig sein. Aber die Realität war anders. Von dem Moment an, als mir im siebten Schuljahr klar wurde, dass ich mich in ihn verknallt hatte, war ich verstört, und in den vier folgenden Jahren seit dem Nachmittag in seinem Zimmer ebenso, wenn nicht mehr.
All diese Jahre dachte ich darüber nach, warum ich mich nicht getraut hatte, die drei Worte ‚Ich liebe dich' zu dem Jungen zu sagen, der mein bester Freund seit dem ersten Schuljahr war. Ich war ein Feigling und ich begann, mich mehr und mehr zu hassen wegen meiner Lügen, Ausflüchte und blöden Entschuldigungen.
Ich bemühte mich, die Beziehung tot zu denken, die mir in meinen siebzehn Lebensjahren das Meiste bedeutet hatte.
Es wäre einfach gewesen, Niklas die Schuld zu geben. Aber in meinem Innersten wusste ich, ich war derjenige, der den Schwanz eingezogen hatte, egal, wie oft ich ihm auch die Verantwortung dafür zugesprochen hatte. Ich war der, der plötzlich keine Zeit mehr für ihn hatte, mit ihm nicht mehr gesprochen hatte und seine Anrufe unbeantwortet ließ. Ich ...
... begann, alle Orte zu vermeiden, wo er eventuell sein könnte. Es war nicht so, dass ich ihn nicht um mich haben wollte, aber ich hatte Angst. Angst vor meinen Gefühlen. Angst davor, was sie mit mir anstellten. Und diese Gefühlslage brachte mich dazu, dass Einzige zu tun, was mich von meinen Gedanken abbringen konnte:
Totale Trennung von Niklas. Ich löschte ihn aus meinem Leben, löschte in Folge die Beziehung zu der einzigen Person, die mich angenommen hatte, wie ich war, ohne Forderungen oder Vorbehalte. Ich hatte meine Fehler und war manchmal etwas kompliziert, aber er behandelte mich immer, als wäre ich etwas Besonderes.
Ich hatte kein Recht mehr mich zu fragen, was mit Niklas los war. Ich war derjenige, der ihn beiseite gestoßen hatte, die Wand zwischen uns aufgerichtet hatte. Trotzdem war es mir nicht egal. Ich hatte zugeschaut, wie der Niklas, den ich gekannt und geliebt hatte, verschwand und langsam zu einer fremden Person wurde.
Er hatte versucht, einen Weg zu finden, um mit mir zu sprechen. Da war er noch der smarte und liebenswerte Niklas mit seinen strohblonden Haaren und offenen, grünen Augen, aber seit dieser Zeit hatte er sich dramatisch verändert. Er lehnte sich an die gewaltige, schattenspendende Buche im Park und starrte in die Luft.
Es war, als hätte er in jedem Jahr eine neue Persönlichkeit getestet, und erschien am Ende der Ferien in der Schule als ein Fremder. Nur sein Name, der bei der Anwesenheitskontrolle aufgerufen wurde, erinnerte an ihn.
Ich ...