Vier Jahre Schweigen
Datum: 09.03.2018,
Kategorien:
Schwule
Autor: byRolf_Udo
... er eine weitere Minute das Armband betrachtet hatte, irgendwie beeindruckt von der rätselhaften Bedeutungsschwere des Worts.
Ich nahm den Picknickkorb aus der Deckung hinter dem Zaun. Neugierig sah er zu, wie ich den Kuchen auspackte. Er war einfach und klein, mit einer Schokoladenglasur auf der Oberseite. In der Mitte hatte der Konditor nach meiner Anweisung ‚Liebe' mit rotem Zuckerguss geschrieben. Ich setzte den Kuchen vor ihn. Niklas schien frustriert. Er sah mich an, wollte eine Erklärung, aber die konnte ich ihm jetzt noch nicht geben. Ich sah auf meine Uhr. Noch zehn Minuten des Schweigens.
"Liebe?" fragte er mich argwöhnisch. "Du denkst, du ...liebst mich?"
Seine Augen starrten mich ungläubig an. Er versuchte sich klar darüber zu werden, was hier geschah. Mein Schweigen schien ihn irgendwie stinkig zu machen. Kein Wunder nach den Wochen, die dieser Nacht vorausgingen, in denen ich zu seinem Stalker wurde
"Schwachsinn! Du kennst mich noch nicht einmal mehr."
Seine Worte trafen mich wie Pfeile, denn ich musste ihm Recht geben.
„Was soll der Scheiß, Rolf? Wir waren Freunde, beste Freunde, und dann hast du mich, verdammt nochmal, geküsst, und dann bist du verschwunden, als ob nichts passiert wäre. Und jetzt soll ich dir glauben, du liebst mich?"
Ich nickte. Alles war wahr, jedes ätzende Wort, das er gerade gesagt hatte.
Es wurde schwierig, aber er sprach wenigstens mit mir, wenn seine Worte auch den Frust vieler Jahre ausdrückten. Ich wollte ihm ...
... so dringend erklären, wie ich mich fühlte und was mich umgetrieben hatte, aber die Minuten schienen sich wie Kaugummi zu dehnen.
Noch acht Minuten, acht Minuten des Schweigens, bis ich ihm endlich die Wahrheit sagen konnte. Meine Augen bettelten ihn an, Geduld mit mir zu haben. Ich hoffte, dass, nachdem ich ihm die Wahrheit gestanden hatte, den wahren Grund, warum ich ihn verlassen hatte, er in der Lage sein würde, es zu akzeptieren und mich nicht mehr hasste oder verabscheute. Ich hoffte sogar, dass er mich lieben konnte, wie ich ihn geliebt hatte, seit wir dreizehn waren.
„Ich meine, was für einen Zweck hat das Ganze", brummte er. „Erst weglaufen, dann nicht mit mir sprechen, dann war ich Luft für dich. Und dann nach vier Jahren tauchst du plötzlich wieder auf und erwartest, dass ich das alles vergesse. Was zum Teufel ist das?"
Er hatte Recht, so erregt zu sein. Das war zu erwarten und verständlich. Seine Reaktion war gerechtfertigt, und es wurde immer schwieriger für mich, ihm nicht jetzt sofort zu sagen, was ich auf dem Herzen hatte. Aber ich musste warten, noch sechs lange Minuten, und meine Lippen waren versiegelt.
"Was auch immer! Warum haust du nicht einfach ab?" fragte er und beantwortete seine Frage selbst.
„Ja, richtig, weil du mich liebst...", dröhnte er sarkastisch und rollte mit den Augen.
Er starrte in die Nacht, fragte sich vielleicht, warum er eigentlich gekommen war.
Ich zeigte auf eine Sternschnuppe am Himmel. Wir hatten viele Nächte ...