1. Weeslower Chroniken - Teil V - 2007 - Kapitel 3 - Mila und Julia - Nackte Tage in Weeslow


    Datum: 19.04.2020, Kategorien: Kunst, Autor: nudin

    ... zurück.
    
    Sie schloßen die Räder ab und huschten händchenhaltend die Stufen hinauf. Unten gab es eine Wachstube, die ausnahmsweise mal besetzt war. „Wir möchten zum Bürgermeister Dreyer.“ rief Mila. Julia kicherte, sie platzte fast vor Aufregung. Bis eben half ihr der Schutz der Anonymität, des Unerkanntseins. Doch jetzt…
    
    „Ihr werdet schon erwartet. 2. Stock, ganz nach hinten.“ meinte die ältere Damen hinter der Scheibe und wies den Weg die Treppe hoch. Die beiden Freundinnen liefen weiter, vorbei an zwei erstaunten Frauen, die die Treppe hinunter kamen und den Flur entlang, vorbei an einigen offenen Bürotüren. Vor dem besagten letzten Raum blieben sie stehen, holten tief Luft, klopften im Vorzimmer. Eine angenehme Frauenstimme rief sie herein.
    
    Dort saß Lissy. Sie war wenige Jahre älter als Nadine – und mit sehr viel üppigeren Maßen. Aus einer engen, schlichten weißen, tief aufgeknöpften Bluse schauten die Ansätze großer, voller Brüste heraus. Und als die hübsche Frau sich erhob – und dabei die beiden Mädchen, die beide nicht gerade klein waren, um einen halben Kopf überragte -, gab sie den Blick auf einen ultrakurzen Minirock frei, der selbst Mila alle Ehre bereitet hätte. „Tatsächlich, nackter Besuch!“ sagte sie und umarmte nacheinander beide Mädchen. „Ihr seid echt mutig!“
    
    Schon öffnete sich die Durchgangstür zu Dreyers Büro, und er selbst erschien. Er war etwa Ende fünfzig, größer als Michael, aber sehr viel kräftiger, massiger. Glatze, kräftige Arme im ...
    ... aufgekrempelten Hemd und wie alle hier sommerlich gebräunt – in seinem Falle schon eher gegerbt. „Meine Damen, kommen Sie! Lissy, bitte noch zwei Gläser – komm gern dazu!“ Und schon machte er den Weg frei.
    
    Die vier saßen in der Sitzecke bei kühlem Mineralwasser. Vor allem Mila musste wieder viel von sich erzählen. Ihre völlige Nacktheit, die an so einem Ort, in so einem Kreis doch so ungewöhnlich war, nahm sie nach kurzer Zeit schon gar nicht mehr wahr. Diese Erfahrung kannte sie nun schon: War es erst einmal passiert, dass sie vor anderen vollkommen entblößt war, dann fand sie sich schnell darin ein. Denn war das Geheimnis erstmal gelüftet, war es keines mehr, und ein Zurück gab es nicht.
    
    Dreyer war nicht gerade ihr Typ, zu jovial, zu gewöhnlich, zu hemdsärmlig, zu anzüglich. Er erinnerte sie stark an manche Männer vom Land bei sich daheim. Er sprach zu laut, zu selbstsicher, zu viel. Sie warf Julia versteckte Blicke zu – und spürte, dass sie dasselbe dachte. Aber anders als Mila war Julia noch deutlich mit ihrer eigenen Nacktheit beschäftigt, sie saß ziemlich verkrampft mit angezogenen Beinen und auf die Knie gestützten Armen da.
    
    Aber dann kam er plötzlich auf etwas zu sprechen, was ihrer beider Neugierde entfachte. Er sagte zu Lissy gewandt: „Was meinst Du, sollten wir Sabine anrufen? Oder erstmal Jasmin und Mel holen, Du weißt schon, unsere Idee mit der Satzung und der OMZ?“
    
    Lissy nickte. „Ja, das wäre ideal.“
    
    „Wovon sprechen Sie?“ wollte Mila wissen.
    
    „Peter. ...
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