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Die zweite Chance
Datum: 25.04.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byswriter
... spielen. Alleine der Altersunterschied würde verhindern, dass sie sich auf einen wie mich einlassen würde. Meine älteste Bettgespielin mochte fünfunddreißig gewesen sein. Mit einer über 40-Jährigen hatte ich es noch nie zu tun. Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Erika meine Libido ankurbeln würde. Ich höre ihr aufmerksam zu und kommentiere die Bilder, wohl wissend, dass ich wahrscheinlich dummes Zeug rede. Ich beschränke mich darauf, das Motiv oder die Genauigkeit der Pinselführung zu loben und verschweige, dass ich die Bilder zum Kotzen finde. Keiner dieser alten Schinken würde jemals den Weg an eine Zimmerwand bei mir in der Wohnung finden. „Sie haben wirklich eine sehr schöne Auswahl an Gemälden", stelle ich fest. Erika freut sich sichtlich über das Lob und fragt: „Ist denn etwas dabei, was Ihnen zusagt?" „Das ein oder andere hat mir gefallen, aber ich kann mich nicht entscheiden", antworte ich. „Aber einer Sache bin ich mir sicher." Sie sieht mich neugierig an und ich erkläre: „Sie führen dieses Geschäft wirklich ausgezeichnet und Ihre Beratung ist hervorragend." „Danke sehr." „Was halten Sie davon, wenn wir nachher zusammen einen Kaffee trinken gehen und Sie erzählen mir, wie Sie Antiquitätenhändlerin geworden sind." Erikas Gesichtsausdruck verrät, wie überrascht sie ist. Mit so einer direkten Einladung hat sie nicht gerechnet. Im nächsten Moment wirkt sie nervös, zupft an ihrer Strickjacke herum und blickt verschämt zu ...
... Boden. Dann sieht sie mich an und meint: „Danke für die Einladung, aber ich denke nicht, dass das so eine gute Idee ist ... Außerdem habe ich heute schon einen anderen Termin. Danke aber dafür." Das läuft ja mal gar nicht optimal. Ich bemühe mich, meine Enttäuschung zu verbergen. Offenbar habe ich mit Erika eine harte Nuss zu knacken und muss schwerere Geschütze auffahren. „Natürlich. Tut mir leid ... Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Wie konnte ich annehmen, dass Sie ... Sie kennen mich ja nicht." Sie erwidert nichts und blickt mich unsicher an. Es ist ihr peinlich, mir diese Abfuhr erteilt zu haben, aber mir scheint, sie beharrt auf ihrer Absage. Ich gestehe mir meine Schlappe ein und beschließe, das erste Treffen mit Erika zu beenden. Ich verabschiede mich von ihr mit Händedruck und verspreche, bald wiederzukommen und mich für eines der präsentierten Gemälde zu entscheiden. Als ich auf der Straße stehe, widerstehe ich dem Drang, durch das Schaufenster in das Geschäft zu blicken. Ich mache mich auf den Weg zur U-Bahn und bin kurz darauf zurück im Hotel. Ich setze mich auf mein Bett und starre die Wand an. Was soll ich tun? Mir war von Anfang an klar gewesen, dass es kein leichtes Unterfangen sein würde, Erika herum zu bekommen, aber nach dem heutigen Tag muss ich einsehen, dass es beinahe unmöglich erscheint, an diese Frau heranzukommen. Ich beschließe, mich auf andere Gedanken zu bringen und mich dem Erika-Problem am nächsten Tag zu widmen. Es wird draußen langsam ...